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Ein bisschen habe ich mich bisher bemüht, zu verbergen, dass ich nicht mehr die Jüngste bin. In meinen Posts habe ich wenig Persönliches erwähnt, aber ein paar Hinweise auf mein Alter gab es schon. Da wäre zum Beispiel meine Furcht vor dem Wandern auf steil bergabführenden und gerölligen Pfaden. Jüngere Leute rutschen aus und stehen ungerührt wieder auf. Ich habe mich in den letzten Jahren einige Male verletzt. Außerdem konnte ich nie berichten, dass ich auf meinen Reisen abends ausgegangen bin. Möglicherweise pflege ich auch einen altmodischen Schreibstil. Und mein richtiger Vorname hätte mich sofort verraten. Vielleicht sind euch noch weitere Indizien aufgefallen.
Angeblich ist man ja nur so alt, wie man sich fühlt. Nun möchte ich mich outen, auch wenn es mir etwas schwerfällt. Seit Anfang letzten Jahres bin ich in Rente. Bin ein bisschen früher gegangen, als ich die Möglichkeit dazu bekam. Im Job hatte ich sehr viel Spannendes erlebt und eine sehr interessante Tätigkeit ausgeübt. Aber es war auch oft sehr stressig und kostete immer wieder viel Kraft. Bin außerdem eine begeisterte Reisetante und plante, viel und solange zu reisen, wie es mir gut ging.
Und wie geht es mir jetzt ? Von allen Seiten höre ich gut gemeinte Ratschläge. So soll ich das Leben in vollen Zügen genießen (Warum nicht in leeren ?), alles tun, was mir Spaß macht und nachholen, wozu ich während meines Arbeitsleben nie genügend Zeit hatte. Wenn ich jemanden treffe, lautet die erste Frage immer „Wohin reisen Sie/reist du als Nächstes?“
Mein Rentnerinnendasein begann ich mit einer Reise nach Ostasien (Japan, Südkorea und Taiwan) Meine Reise durch Ostasien im Frühjahr 2019
Es war unglaublich wohltuend, einmal nicht durch die Reiseländer hetzen zu müssen. Ich plante mir Zeit zu lassen, mich zu erholen und den Aufenthalt zu genießen. Möglicherweise hatte ich mir aber die falschen Länder für diesen Plan ausgesucht. So faszinierend und vielfältig meine Reiseeinddrücke waren, es gab vor allem in Japan und Südkorea wenig attraktive Möglichkeiten, einen Tag oder mehrere abzuhängen, in der Natur zu relaxen oder im Café zu sitzen o.Ä. Wahrscheinlich lag es auch an mir. Mein Reise- und Besichtigungstempo konnte ich noch nicht wesentlich reduzieren. Im Grunde reiste ich nicht anders als während der vielen Jahre vor Rentenbeginn nur wesentlich länger !
Zurück in der Heimat begann mein neuer Alltag. Am ersten Wochentag saß ich wie gewohnt frühmorgens auf dem Sofa und las Zeitung. Natürlich war ich ohne Wecker um 6 Uhr aufgewacht. Ich schaute auf die Uhr. Oh, es war schon spät. Als ich gerade aufspringen wollte, fiel mir ein, dass nicht mehr ins Büro gehen musste. „Sehr schön,“ dachte ich und nahm mir ein weiteres Stück Zeitung vor. Nach einer Weile wurde ich unruhig. So funktionierte das nicht. Ich machte mich fertig und ging zum Einkaufen. Wie erwartet, war es Montag morgen im Supermarkt angenehm leer. Ich freute mich, dass ich in Ruhe einkaufen gehen konnte und nicht an der Kasse anstehen musste. Zum Wochenende war viel verkauft worden, deswegen wurden gerade die Regale aufgefüllt. Das Personal hatte aber seine liebe Mühe mit den meist silberhaarigen Kunden, die überall im Weg standen. Als frischgebackene Rentnerin bemühte ich mich, die arbeitende Bevölkerung nicht zu nerven. Künftig würde ich auf das Einkaufen am Montagmorgen verzichten.
Auch gewöhnte ich mich nach und nach an den veränderten Tagesablauf. Eine Renovierung stand schon länger an und es tat gut, dabei zu sein und nicht nur morgens den Handwerkern die Tür zu öffnen. Dann gab es auch weitere Reisevorhaben, die vorbereitet werden mussten, was ohne Berufstätigkeit sehr viel entspannter ablief.
Mein nächstes großes Projekt war das Wandern auf dem Jakobsweg. Den Sommer wollte ich ohnehin in Deutschland verbringen und im Sinne eines „Probepilgerns“ bot sich der Jakobsweg von München nach Lindau an, der in der Nähe meines Wohnorts beginnt. Schon länger hatte ich mich für das Pilgern auf dem Camino interessiert, war aber nicht sicher gewesen, ob ich mit Gepäck wandern konnte. Würden der Rücken und die Füße Mehrtageswanderungen aushalten ? Grundsätzlich konnte ich diese Herausforderungen besser als erwartet bewältigen. Nur das Wetter (die Sommerhitze und der Regen im Herbst) machten mir zu schaffen. Gelernt habe ich, dass ich meine Etappen bei anstrengendem Wetter gelegentlich abkürzen werde und auch Ruhetage einlegen muss, wenn ich länger unterwegs bin. Kein Problem, als Rentnerin habe ich nun viel Zeit !
Inzwischen ist leider ein gesundheitliches Problem aufgetreten, mit dem ich überhaupt nicht gerechnet hatte. Derzeit kann ich keine Fernreisen planen. Unternehmungen in unserer Region sind eingeschränkt aber nicht unmöglich. Eigentlich wollte ich in diesem Jahr nach Costa Rica oder noch einmal nach Südamerika reisen. Und Pilgern auf dem Camino Frances oder dem Schweizer Jakobsweg war vorgesehen.
Wie es weitergeht, weiß ich derzeit nicht. Zwischenzeitlich übe ich mich in Geduld. Sehr schwierig für mich ! Aber ich bleibe dran … Gerade habe ich einen Schmöker von über 1000 Seiten gelesen, der schon seit langer Zeit auf meinem Kindle gespeichert war. Und ich komme endlich dazu, meine Fotos aus dem letzten Jahr zu bearbeiten. Vornehmen könnte ich mir jetzt auch meine digitalisierten Dias und versuchen, sie zu verbessern. Habe Ausstellungen besucht und den gekauften Katalog tatsächlich gelesen, nicht nur durchgeblättert. Es gibt viel zu tun und es ist schön, wenn man Zeit hat, seinen Interessen nachzugehen.
Froh bin ich, dass ich viele Traumreiseziele besucht und damit nicht bis zum Rentenbeginn gewartet habe. Aber jetzt „schaun mer mal“ . Auf meiner Agenda stehen einige Kurzreisen, z.B. noch einmal nach Wien, um Ausstellungen zu besuchen, oder wie schon lange geplant nach Leipzig oder nach Linz.
Im Blog werde ich weiterhin von meinen Reisen berichten, mit Hilfe meiner Reisetagebücher und Fotos auch über meine schönsten vergangenen Touren. Evtl. gibt es, auch nicht ganz ernst gemeinte, Berichte über die Tücken des Rentnerdaseins. Langweilig wird es hoffentlich nicht werden !
Über eure Kommentare und Likes freue ich mich immer sehr.