Auf dem Münchner Jakobsweg (9)

For translation please use the Google Translate Button !

 Von Eschach und Buchenberg nach Weitnau, ca 20 km

Als ich morgens aus dem Fenster meiner Bauerstube schaute, war alles in dichten Nebel gehüllt. Der grandiose Panoramablick war mir nicht gegönnt.
Die Bäuerin hatte mir das Frühstück bereit gestellt, das ich ohne großen Appetit aß, eher pflichtschuldig, weil ich die Energie brauchen würde. Auch ein Brot für unterwegs schmierte ich, weil es wieder keinerlei Einkehrmöglichkeiten auf der Strecke geben würde.  Es stand nicht fest, wie lange das Wetter halten würde. Immerhin regnete es gerade nicht, das musste ich ausnutzen. So brach ich ziemlich früh auf. Die anderen Gäste standen gerade erst auf. Ob sich dabei um Pilger oder um „normale“ Feriengäste handelte, würde ich nicht mehr erfahren. Meine Hoffnung in Pilgerunterkünften andere Pelegrinos zu treffen, hatte sich nicht erfüllt.

Zunächst musste ich zurück nach Buchenberg laufen. Die nette Bäuerin bot mir an, mich zu fahren, was ich dankend ablehnte. Sie kam gerade aus dem Stall und hatte noch nicht gefrühstückt. Der Bauer wollte mich auf eine Abkürzung schicken, die mich nicht zurück nach Buchenberg geführt hätte. Nachdem ich entdeckt hatte, dass es sich um ein Stück des Augsburger Jakobswegs handelte, lehnte ich ab. Das Verlassen „meines“ Caminos kam nicht in Frage. Nun ging ich auf dem Radweg an der Straße entlang recht angenehm leicht bergab. Der Nebel hing in Fetzen tief in den Bäumen. Am frühen Sonntagmorgen herrschte eine friedlich verwunschene Stimmung. An einer Weide vorbeigehend wollte ich eigentlich nicht schon stehenbleiben. Dann kam eine Horde neugieriger Kälbchen herangestürmt. Die Tiere tollten ganz herzallerliebst herum.  Auch als sie schon am Zaun standen, sprangen einige noch übermütig in die Luft. Wie froh war ich, dass ich das Angebot der  Bäuerin nicht angenommen hatte! So sorgte ich für Abwechselung im Rinderalltag und durfte mich über die Kleinen freuen. Mein auf dem ersten Teil des Jakobsweges gefasster Vorsatz (bis heute eingehalten), kein Kalbfleisch mehr zu essen, wurde noch einmal gefestigt.
P1040319P1040320
Von Buchenberg führte ein Schotterweg ziemlich gerade und eben fünf Kilometer durch einen schönen Mischwald. Auf dieser Strecke begegnete mir nur ein Paar, das seinen Hund ausführte.
P1040323Schließlich kam ich an die Kreuzung, an der ich mich entscheiden musste. Eine Wegvariante führte steil hinauf über Rechtis auf den Sonneckgrat. Dort entlang wandernd sollte man fünf Kilometer lang  sehr schöne Aussichten genießen können. Sodann ging es laut Pilgerbuch „steil bergab in den hübschen Ort (Weitnau)“. Die andere Variante führte über den Radweg nach Weitnau weitgehend eben aber 11 km lang geradeaus auf einem Schotterweg. Das würde sich ziehen. Andererseits war es immer noch sehr diesig. Die Aussicht fiel ohnehin flach. Außerdem riet das Buch, bei schlechtem Wetter, nicht über das Sonneck zu gehen. Trüb wie es war, konnte es jederzeit  zu regnen beginnen. Auf Rutschpartien beim Bergabgehen hatte ich überhaupt keine Lust, also beschloss ich, den Radweg zu nehmen.
Der Weg verlief zunächst durch die Hochmoore Breitenmoos und Schönleitenmoos. Auf einer Bank machte ich es mir kurz bequem und stärkte mich.
P1040328P1040330Kurz danach gab es sogar etwas zu entdecken, die Wasserscheide. Ohne das Schild, das schon bessere Tage gesehen hatte, hätte ich allerdings nicht erkennen können, dass es sich dort entscheidet, ob ein Wassertropfen Richtung Rhein oder Donau fließt.
P1040332
Nun näherte ich mich der B 12. Nach der langen Ruhe im Wald kam mir der stetig brausende Autoverkehr extrem laut vor.  Der Weg führte an der Bundesstraße nur kurz entlang, dann ging es durch eine Unterführung  auf die andere Seite. Schließlich befand ich mich so weit entfernt, dass ich die Straße zwar manchmal sah aber nicht mehr hörte.

P1040333Den Sonneckgrat konnte ich auf der anderen Seite der B 12 gerade noch erkennen. Dichte Nebelschwaden hingen dort fest. Eine Aussicht hätte ich da oben nicht gehabt und wäre vermutlich recht ungemütlich unterwegs gewesen. Von meinem Radweg konnte ich immerhin die nächsten Hügel auf der andere Talseite erkennen. Eigentlich verlief die Strecke durch eine schöne Berg- und Weidenlandschaft, aber dass es überhaupt kein Lokal gab, auch nicht in einem der Dörfer, die nicht weit vom Weg entfernt lagen, fand ich seltsam. Wenn es nicht gerade schüttet, habe ich kein Problem damit, mein mitgebrachtes Essen draußen zu verspeisen. Dumm ist aber, dass ich ohne Einkehrmöglichkeiten auf einer Wanderung kiloweise Wasser mitschleppen muss. Das machte mir nun zu schaffen. Das Gewicht des Rucksacks zerrte schwer an meinen Nackenmuskeln. Ich versuchte alles Mögliche, verstellte Hüft- und Schultergurte  und legte Trinkpausen mit Lockerungsübungen ein, auch um das Gewicht zu reduzieren. Nichts half wirklich, auch nicht, dass ich mir sagte, dass sei doch ein Luxusproblem. Immerhin hatte ich auf dem Weg noch keinerlei Rückenprobleme gehabt. Auch mit Blasen an den Füßen hatte ich überhaupt nicht zu kämpfen.
P1040339
Nach ungefähr zwei Stunden auf der schnurgeraden Strecke kamen mir immer mehr Radler und Spaziergänger entgegen. Nun konnte es nicht mehr weit bis zum Ziel sein. Das war gut so, denn kurz vor Weitnau begann es zu nieseln. Gottlob blieb es dabei und ich beendete die Etappe im Unterschied zum Vortrag  Auf dem Münchner Jakobsweg (8) ziemlich trocken.
In Weitnau holte ich mir den Pilgerstempel in der neugotischen Kirche St. Pelagius und ging dann zu meiner Unterkunft. Endlich wieder im Hotel !
P1040341

Seid Ihr schon eine längere Strecke auf einem eher langweiligen Weg gewandert ? Und wie habt ihr es erlebt ?

Über eure Likes und Kommentare freue ich mich immer sehr.

Und so ging es weiter:

Auf dem Münchner Jakobsweg (10)

 

Auf dem Münchner Jakobsweg (8)

For translation please use the Google Translate Button !

Regen, Regen, Regen …

„Schönwetterwandern ist anders!“ Durch das Fenster im Wirtshaus bei der Kapelle Mariaberg  schaue ich dem auf die Tische prasselnden Regen zu. Aber schließlich geht es beim Pilgern nicht um den Komfort. Es soll auch mühsam sein. Natürlich möchte ich mich auf dem Münchner Jakobsweg anstrengen und meine Grenzen austesten. Wie weit kann ich mit dem schweren Rucksack gehen? Kann ich die Tagesetappen steigern ? Das waren die Gedanken, mit denen ich den Weg begonnen hatte.
Jetzt regnet es pausenlos, schon seit 24 Stunden. Meine Zimmerwirtin hat mich heute morgen mit „ Das Wetter soll heute besser werden! „verabschiedet. Das erinnert mich an den Mutmacherspruch der Taxifahrerin auf Malta : „It is brrightening upp!“ Reisepech: Das Wetter !
Das stimmte seinerzeit nicht und ich fürchte inzwischen, dass das heute auch wieder nicht der Fall ist. Nun sitze ich etwas trübselig im Gasthaus. Es gibt keine weiteren Gäste. Der Kellner, der auf seinem Handy daddelt, wäre wahrscheinlich heilfroh, wenn ich bald aufbrechen würde. Vorhin habe ich mir auf der Toilette die Regenbekleidung aber auch das nasse Shirt ausgezogen und alles über einem Stuhl ausgehängt. Hier sitze ich nun bei Apfelküchlein und Tee und hoffe, dass die Klamotten ein bißchen trockener werden. Ärgerlicherweise habe ich mich auf meine Regenjacke verlassen und mein Regencape  wieder ausgepackt, um Gewicht zu sparen.  Eben habe ich zu meinem Schrecken festgestellt, dass die Jacke zwar einem Niesel-  aber keinem Starkregen standhält. Meine heutige Strecke ist zwar relativ kurz. Aber ewig im Restaurant auf besseres Wetter zu  warten, bringt es auch nicht. Außerdem wird es mir in den feuchten Sachen, die ich noch trage, langsam kalt. Nach einer knappen Stunde bezahle ich.

Zunächst besuche ich die direkt gegenüberliegende Kapelle und hole  mir den Pilgerstempel. Soll ich  die Wanderung abbrechen ? Zurück in Kempten wäre ich in einer Stunde. Von dort könnte ich gemütlich mit dem Zug nach Hause fahren. Nein, das kommt überhaupt nicht in Frage ! Wenn ich auf dem Camino in Spanien unterwegs wäre, könnte ich auch nicht ohne weiteres aufgeben. Das Pilgern bei Wind und Wetter gehört auch zum Jakobswegerlebnis. Auf geht’s ! Davon dass mir die Erfahrung des Regenpilgerns auf dem Münchner Jakobsweg schließlich intensiv gegönnt wurde, werde ich noch berichten …

wirtsgarten-maria-berg-jakobsweg

Von Kempten nach Buchenberg und Eschach, ca. 10 Km

Morgens lieh ich mir einen Schirm von meiner Vermieterin und unternahm eine kleine Besichtigung von  Kempten bei  strömenden Regen. Zunächst schlenderte ich über den großen Wochenmarkt am Residenzplatz. Bei schönerem Wetter hätte man das vielfältige Sortiment sicher besser bewundern können. Dann ging ich noch zum historischen Rathaus und zur nicht weit entfernten evangelischen Kirche St. Mang. Am Samstagmorgen und bei regnerischem Wetter wirkte die Altstadt verlassen. Die Gassen und Plätze mit schön restaurierten Häusern und zahlreichen Caféterrassen würde ich gerne noch einmal bei Sonnenschein besuchen. In der Kirche St. Mang war es ziemlich dunkel,  aber den Pilgerstempel fand ich schließlich. Auf dem Rückweg besuchte ich die katholische Kirche St. Lorenz, die verschwenderischer ausgestattet war. Auch begann gerade eine Messe.  Der Innenraum war hell erleuchtet und  viele Bänke waren besetzt.
P1040298P1040291P1040294P1040300P1040296

Ich hatte mir Zeit gelassen. Meine Etappe sollte nur 14 km betragen. Auch wartete ich  noch auf besseres Wetter. Gegen 10 Uhr brach ich schließlich in voller Regenmontur auf.  Der Jakobsweg führte über einen steilen Anstieg aus der Stadt. Danach ging es gleich wieder hinunter zu einem schon etwas angeschwollenen Flüsschen und dann durch einen Mischwald. Im Wald spürte man den Regen nicht so stark und ich freute mich über schönen Trampelpfad und die schon buntgefärbten Laubbäume. Leider war meine Freude von kurzer Dauer.
Nach einem kurzen steilen Aufstieg am Ufer des Bachs gelangte ich auf die Mariaberger Straße. Der Jakobsweg verlief  von da an entlang der wenig befahrenen Straße sicher auf einem aspaltierten Gehsteig . Allerdings war ich nun dem Regen ausgesetzt. Es gab keinen Schutz durch Bäume oder Ähnliches. Zunächst hatte das sanfte Rauschen des Regens, das alle Geräusche dämpfte, fast etwas Meditatives. Bald merkte ich aber, dass Feuchtigkeit durch meine Regenjacke drang und mich am Oberkörper, vorne wo der Rucksack mich nicht schützte, durchnässte. Erleichtert stellte ich fest, dass wenigstens die von H. geborgte Regenhose „dichthielt“. Ich wollte schnell ins Trockene und ging den Anstieg von insgesamt 300 m etwas schneller als gewöhnlich an. Schnaufend kam ich in Mariaberg an und flüchtete mich zunächst ins Wirtshaus (s.o.).
Danach führte der Jakobsweg steil auf einen Wiesengrat mit Bänken, von denen man laut Pilgerführer eine wunderbare Aussicht auf Kempten und die Berge haben sollte …
P1040309
Nach kurzer Zeit ging es wieder hinunter zur Straße, die ich in Mariaberg verlassen hatte. Dieser Umweg diente einzig dem Zweck, dem Wanderer einen schönen Blick zu bieten. Nun ja !

Im Pilgerführer hatte ich gelesen, dass der folgende Abstieg zum Herrenhauser Weiher auf einem steilen Schotterweg verlief. Das Höhenprofil zeigte eine stark abfallende Linie an. Da ich keine Freundin des Bergabgehens bin und mich dabei schon verletzt habe, fürchte ich mich ein bißchen vor diesem Wegstück. Auf dem Weg zum Weiher hatte ich insgesamt zwei Wanderer gesehen, die aber in eine andere Richtung abgebogen waren. Wer würde mir helfen, wenn ich ein Problem bekäme ?
Zunächst folgte ich dem fast ebenen Weg,  auf dem sich schon große Pfützen gebildet hatten.

P1040311

Richtig steil wurde es dann nur an zwei Stellen, die ich mit meinen Wanderstöcken sehr vorsichtig, aber gut bewältigen konnte.
Am Herrenwieser Weiher (s. Beitragsbild) herrschte „total tote Hose“. Kein Wunder, das Wetter lud nicht wirklich  zum Spazierengehen ein. Nun gab es zwei Varianten des Jakobsweges. Eigentlich hatte ich die Etappe über Ermengest nach Buchenberg gehen wollen. Durchnässt wie ich war, entschied ich mich nun für die steilere Strecke über Ahegg, die vier km kürzer war.
Kurz vor Buchenberg, als ich gerade wieder ohne Unterstellmöglichkeit über ein Wiesenstück querte, setzte ein regelrechter Wolkenbruch ein. In kürzester Zeit war ich bis auf die Haut durchnässt. Das war das erste Mal, dass ich laut fluchte. „Was soll das jetzt noch, Petrus ? Es reichte doch schon !“ Es war niemand in der Nähe und mir tat das Rufen gut.
In Buchenberg musste ich den Besuch der Kirche St. Mang verschieben. Vor der Kirchentüre standen festlich gekleidete Hochzeitsgäste, die meine patschnasse Erscheinung entgeistet anstarrten. Stattdessen flüchtete ich ins gegenüberliegende Café, wo ich mich einigermaßen zivilisiert herrichtete und mit meinem koffeinhaltigen Lieblingsgetränk und einer Semmel stärkte. Danach ging ich noch in Kirche und holte mir den wohlverdienten Stempel.
Ich hatte eine pilgerfreundliche Unterkunft auf einem Bauerhof gebucht, der allerdings in Eschach, vier  Kilometer entfernt vom Jakobsweg  lag. Meine Bereitschaft, noch weiter durch den Regen zu stapfen, war sehr überschaubar. Daher telefonierte ich mit dem Bauern, der mich netterweise mit dem Auto abholte. Auf dem Hof wurde ich sehr herzlich von der Bäuerin empfangen, die mir auch noch selbstgebacken Apfelkuchen gab. Meine nassen Sachen  drapierte ich über der Heizung und sämtlichen Möbelstücken. Den Rest des Nachmittags verbrachte ich sehr erholsam  in meinem gemütlichen Zimmer, einer holzgetäfelten Bauernstube. Schade war nur, dass es während meines Aufenthalts neblig blieb. Auf dem Foto in der Gemeinschaftsküche war der traumhafte Panoramablick zu sehen, den man bei besserem Wetter gesehen hätte.

Was haltet ihr vom Pilgern im Regen ? Seid ihr schon einmal richtig nass geworden ?

Über eure Likes und Kommentare freue ich mich immer sehr.

Und so ging es weiter .