Auf dem französischen Jakobsweg # 2

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Von Mont Sion nach Chaumont am 26.7.2022

Gut erholt verließ ich um 8 Uhr das Hotel, nicht ohne noch ein Lunchpaket mitzunehmen, weil es auf dieser Etappe wieder keine Einkaufs- und Einkehrmöglichkeiten geben würde. Der Weg stieg zunächst noch bis zum Mont Sion an. Vom Col de Mont Sion, der Passhöhe auf der das Hotel lag, waren nur noch wenige Höhenmeter zu bewältigen. Nachts hatte es gewittert. Es war immer noch bewölkt und angenehm kühl. Nach dem Gipfel verlief der Camino leicht abwärts über Feldwege und bot wunderbare Fernblicke.

Bald hatte ich Charly erreicht, einen kleinen Ort mit einer sehr sehenswerten spätgotischen Jakobuskapelle. Über dem Eingang befindet sich eine kleine Jakobsfigur und auf den Glasfenstern sind die Apostel Jakobus und Petrus zu sehen.

Weiter ging es mit faszinierenden Fernblicken ein bisschen bergab. Leider setzte sich die Sonne nach und nach durch und auf der schattenlosen Strecke wurde es heißer.

Panoramabild bitte anklicken.

Im Ort La Motte sollte es laut Wanderführer Trinkwassser und Rastmöglichkeiten geben. Zweifelnd stand ich in dem menschenleeren Ort vor einem Brunnen, als eine Frau über mir ein Fenster öffnete und und mir zurief, dass ich noch bis zum Ortsausgang gehen musste, wo es einen Rastplatz gab. Das war ein guter Tipp: ein neuer blitzsauberer Trinkwasserhahn und eine überdachte Tisch-Sitz-Garnitur luden zu einer Pause ein. Ich ließ mich nieder, aß die Hälfte meines nicht allzu großen Lunchpakets und trank reichlich Wasser.

Danach lief ich gemütlich weiter, immer wieder einmal bergauf und bergab, aber angenehm zu gehen. Ich war ziemlich zufrieden mit meinem Tempo. Nur ganz im Hinterkopf hatte ich noch die Beschreibung des Pilgerführers von einem steilen gerölligen Abstieg und einem heftigen Aufstieg in Richtung Chaumont im letzten Abschnitt der Strecke. Kurz bevor ich an einem weiteren Rastplatz im Wald ankam, sprach mich ein Radfahrer an, der meine Jakobsmuschel am Rucksack gesehen hatte und der mir riet, auf keinen Fall dem Camino nach Chaumont zu folgen. Es ginge sehr unangenehm hinunter und fast noch schlimmer hinauf. Obwohl er mir die Alternative entlang einer kleinen Straße auf der Karte meines Führers zeigte, befolgte ich den Rat nicht. Zum Einen hatte ich vergessen, für diese Etappe einen GPS-Track herunterzuladen und befürchtete daher mich zu verlaufen. Außerdem dachte ich, dass ich mit dieser Abkürzung zu früh in Chaumont wäre, um in meine private Unterkunft einzuchecken.

Es ging dann auf einem gerölligen, nur leicht abfallenden Weg durch den Wald. Dort bestaunte ich wieder einmal die geniale Wegbeschilderung in Frankreich. Schon auf der Via Jacobi hatte ich diese bewundert, aber der französische Camino übertraf das Ganze noch. Die Wege waren nicht nur grafisch sehr deutlich und zuverlässig bezeichnet. Zusätzlich wurde mit einem durchgestrichenen Schild auf eine falsche Abzweigung hingewiesen. Trotzdem habe ich es manchmal aus Unachtsamkeit geschafft, mich auf der Via Gebennensis zu verlaufen, aber immer nur sehr kurz, weil ich merkte, dass ich auf dem falschen Weg war, wenn es an der nächsten Kreuzung kein Schild gab. Ganz großes Lob an die Verantwortlichen!

Kurz danach führte der Weg hinauf zu einem Sträßchen. Erstaunlicherweise war diese Strecke recht stark befahren, so viele Fahrzeuge waren den ganzen Tag noch nicht an mir vorbeigefahren. Inzwischen war es richtig heiß geworden, so dass das Gehen auf dem Asphalt in der prallen Sonne ziemlich unangenehm war.

Bei der Lourdes Grotte bei Contamine-Sarzin genoss ich den Fernblick, machte es mir auf einer Pilgerbank bequem und legte eine Snack- und Trinkpause ein. Ich war überzeugt, dass ich fast am Ziel war. Da irrte ich gewaltig!

Der Jakobsweg führte nun weiter durch Felder und vorbei an Obstplantagen und zweigte dann an einem markanten Berg nach rechts in den Wald ab. Dort ging es richtig zur Sache ! Ein langer steiler und felsiger Abstieg mit Geröll folgte. Da musste man schon sehr genau aufpassen, wohin man trat. Glücklicherweise war der Pfad trocken und nicht nass und rutschig. Als ich am tiefsten Punkt ankam, der Brücke Pont du Pissieu, war ich heilfroh. Ich bestaunte den Bach, der einmal nicht ausgetrocknet war, und die eindrucksvolle Schlucht, die dieser in den Fels gegraben hatte. Für den Blick auf den Wasserfall, der von der Straßenbrücke sichtbar war, hätte ich ein kleines Stück neben dem Camino aufsteigen müssen, aber dafür fehlte mir bereits die Energie.

Aber dann stieg der Jakobsweg dermaßen steil an, dass es nicht mehr feierlich war. Als ich es bis zum Ort Le Malpas geschafft hatte, war ich überzeugt, das Meiste bewältigt zu haben, aber dann zweigte zwischen den Häusern ein äußerst steiler Pfad rechts ab. Auf den letzten zwei Kilometern blieb ich immer wieder stehen und schnappte nach Luft. Einmal rief ich laut in den menschenleeren Wald „Ich kann nicht mehr!“.

Um nach Chaumont zu gelangen, musste ich kurz vor dem Ort vom Jakobsweg abzweigen. Bald sah ich die ersten Häuser und dachte wieder einmal, jetzt sei ich angekommen. Das Ortszentrum ist meistens dort, wo die Kirche steht. Ich sah sie nicht und fragte bei einem Passanten nach. Dieser deutete nach oben und nun entdeckte ich das Gotteshaus und die auf einem Felsen noch darüber liegende Burgruine. Es handelte sich nicht um eine lange Strecke, aber mir kam sie doch so vor, nach einer Wanderung, die gegen Ende in die Vollen ging!

Ich hatte eine Privatunterkunft gebucht, die glücklicherweise nicht weit von der Kirche entfernt lag. Nach meinem Klingeln dauerte es eine ganze Weile, bis jemand öffnete. Die Dame des Hauses, die mir erst am Vortag (endlich!) eine Bestätigung per Mail geschickt hatte, schaute mich erstaunt an und sagte, sie habe mit mir heute nicht gerechnet. Das Missverständnis konnte bald geklärt werden und ich bekam ein Dachzimmer, in dem ich mich frisch machte und ausruhte.

Fazit:
Etwa 20 Km, Aufstieg ca. 420 m, Abstieg ca. 600 m, knapp sechs Stunden
Sehr abwechselungsreiche mittellange Strecke mit wunderbaren Panoramablicken, teilweise ohne Schatten, sehr interessante Kapelle im Örtchen Charly, steiler Ab- und Abstieg auf den letzten fünf Kilometern, keine Einkehr- und Einkaufsmöglichkeiten.

Nach der Pause besuchte ich die nahegelegene Kirche und holte mir den wohlverdienten Pilgerstempel. Auf dem Dorfplatz entdeckte ich ein junges Paar, das mir schon im Hotel in Mont Sion aufgefallen war. Die Beiden waren auch auf der Via Gebennensis unterwegs, wollten aber viel schneller als ich bis Le Puy laufen. Außerdem hatten sie bereits alle Unterkünfte vorgebucht (was ein guter Plan war, wie sich herausstellen sollte). Ein Grund war, dass sie kein Französisch konnten und deswegen alles von zu Hause mit Hilfe von Übersetzungsapps o.Ä. organisieren wollten. Ich war noch fit genug für den kurzen aber knackigen Aufstieg zur Burgruine in Chaumont und wurde mit einem einmalig schönen Rundblick belohnt.

Panoramafoto zum Anklicken.

Das Abendessen nahmen wir auf der Terrasse unserer Gastgeber ein, was wieder einen sehr schönen Blick in die Landschaft erlaubte. Das einzige Restaurant in Chaumont hatte an diesem Montag Ruhetag, aber auf dem Dorfplatz hatte ein „Buffet“ geöffnet, wohl eine lokale Initiative, wo zu günstigen Preisen Snacks und Getränke angeboten wurden. Der Laden brummte, aber ich fand noch einen Tisch, wo ich es mir unter den fröhlich parlierenden Einheimischen mit einem Rosé und meinem Tagebuch bequem machte. Ein schöner Tag aber auch anstrengend! Der Wetterbericht sagte höhere Temperaturen voraus, deswegen wollte ich am folgenden Tag so früh wie möglich aufbrechen.

Über euer Feedback freue ich mich immer sehr.

Auf dem französischen Jakobsweg # 2 erschien zuerst auf Wanderlustig.