Fazit Schweizer Jakobsweg 2021/2022

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Auf dem Schweizer Jakobsweg, der Via Jacobi, startete ich im August 2021 in Konstanz/Kreuzlingen. Ich teilte die Strecke in drei Teile auf, zu denen ich jeweils an- bzw. wo ich wieder abreiste. Bis Brunnen am Vierwaldstätter See war ich sechs, bis Fribourg weitere neun und bis zur französischen Grenze hinter Genf noch einmal neun Tage auf Pilgerwanderschaft. Das Ende der Via Jacobi erreichte ich Ende April 2022.

Ein bisschen Statistik muss sein:
gewanderte Kilometer auf dem Schweizer Jakobsweg: 417 km. Pro Stunde schaffte ich 3,4 Kilometer, daher war ich 122 Stunden wandernd und pilgernd unterwegs. Im Durchschnitt wanderte ich etwa fünf Stunden/Tag (reine Wanderzeit ohne Pausen). Vor allem die fast durchgängige Nähe des Wegs zur Bahnstrecke stellte eine große Versuchung dar. Daher legte ich einige der 450 ausgewiesenen Kilometer auf der Via Jacobi mit Bus und Bahn zurück. Die eingesparten Fußwege holte ich an meinen „Ruhetagen“ bei Stadtbesichtigungen in Luzern, Fribourg, Lausanne und Genf in etwa nach.

Wie hat es mir denn nun gefallen auf der Via Jacobi? Da war alles dabei von großer Freude bis zum totalen Frust. Besonders die grandiosen Landschaftseindrücke, die Berg- und Seepanoramen, haben mir auf dem Schweizer Jakobsweg gefallen. Auch gab es, besonders in der Zentralschweiz, sehr viele prächtige historische Kapellen und Kirchen zu bestaunen.

Die Villa Jacobi folgt den historischen Pilgerwegen so weit wie möglich. Sie durchquert aber ein modernes Land und verläuft so immer wieder, oft nur kurzzeitig, in der Nähe von vielbefahrenen Bahnstrecken und lauten Straßen. Die Schweiz muss ihre gut ausgebaute Infrastruktur aus geographischen Gründen schließlich auf engem Raum unterbringen. Auch wenn mir der Verkehr zum Teil auf die Nerven ging, bekam ich beim Pilgern viel vom Alltag in der Schweiz mit. Wunderbar waren die Begegnungen mit vielen netten Schweizern, die der Pilgerin sehr gerne weiter halfen. Sehr viele waren auch schon selber auf dem Camino unterwegs und pilgerten oft in Teilen von zu Hause nach Santiago .

Nicht so erfreulich war, das ich im Laufe der Schweizer Pilgerschaft mitbekam, dass meine Fitness, wohl altersgemäß, abgenommen hatte. Manchmal war ich schon bei kleineren Anstrengungen überfordert. Eine echte Premiere war, dass ich bei ersten beiden Pilgertouren nach einigen Tagen heftige Knieschmerzen bekam. Auf der letzten Strecke nach Genf war das nicht der Fall, allerdings gab es auf dem Weg kaum Höhendifferenzen, welche die Gelenke besonders belasten.

Aber echte Katastrophen passierten auf meinem Schweizer Camino nicht, im Gegenteil die Pilgerei klappte im Großen und Ganzen viel besser als erwartet.

Mehrfach wurde ich gefragt, ob mich der Weg „weitergebracht“ hätte. Spirituell wohl weniger, aber stolz bin ich schon darauf, dass ich durchgehalten und es so weit geschafft habe. Ansonsten habe ich nie erwartet, dass mich der Camino dem Sinn des Lebens näher bringt. Das mag bei jüngeren Leuten und Menschen, die sich in einer ernsten Krise befinden, eine Motivation bilden. Wenn ich dagegen in meinem reifen Alter immer noch Erfüllung suchen würde, wäre das doch irgendwie komisch und es würde höchstwahrscheinlich auch nicht gelingen. Oder ?

Nachfolgend zeige ich einige meiner Lieblingsfotos des Schweizer Jakobswegs (Informationen dazu findet ihr in meinen Beiträgen).

Eine Weile habe ich überlegt, wo ich den Camino fortsetzen soll. Zunächst wollte ich mir die rund 1000 Km lange Wegstrecke durch Frankreich sparen. Mein Bestreben war, noch zu Lebzeiten und solange ich einigermaßen fit bin, in Santiago anzukommen. Inzwischen ist mir klar geworden, dass es mir wichtiger ist, mein Jakobswegprojekt fortzusetzen. Mich reizt auch das Pilgern in Frankreich. Schon in der französischsprachigen Schweiz machte mir das Auffrischen meiner eingerosteten Französischkenntnisse viel Spaß. Außerdem bin ich im Jahr 2019 fast von zu Hause (in der Münchner Innenstadt) losgegangen und startete seitdem immer wieder dort, wo ich aufgehört hatte. Das möchte ich nun genauso halten und werde daher auf der Via Gebennensis, die von Genf nach Le Puy führt, weiter pilgern.

Die Entfernung beträgt 350 km. Mal schauen, wie weit ich komme, bis das Knie wieder meckert oder ein anderes Zipperlein mich am Weitergehen hindert.

Wenn Corona mir keinen Strich durch die Rechnung macht, werde ich bald losgehen. Jetzt freue ich mich erst einmal auf die umfangreichen Reisevorbereitungen, die eine Pilgertour erfordert. Dazu werde ich berichten.

Über euer Feedback freue ich mich immer sehr.

Fazit Schweizer Jakobsweg 2021/2022 erschien zuerst auf Wanderlustig.

Finale auf dem Schweizer Jakobsweg /Finale on the Swiss Way of St. James

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Am Vortag hatte ich einen schönen Ruhetag mit Stadtbesichtigung in Genf verbracht und nun stand meine allerletzte, kurze Etappe bis zur französischen Grenze an.

Langsam und auch ein bisschen traurig, dass das Ende meiner Pilgerei durch die Schweiz nahte, ging ich morgens vom Bahnhof durch die noch ruhige Altstadt, am Rathaus und der Kathedrale St. Pierre vorbei.

Noch einmal passierte ich den Park an der Promenade des Bastions und bewunderte die wunderschön bepflanzten Beete. Nach der Altstadt führte der Jakobsweg an einer katholischen Kirche vorbei, die ich auf eine etwas prunkvollere Ausstattung und einen Pilgerstempel hoffend betrat, aber beides erfüllte sich nicht.

Über eine Brücke über die Arve gelangte ich nach Carouge, das im 18. Jahrhundert von den Herzögen von Savoyen als Konkurrenz von Genf vollkommen neu aufgebaut wurde. Es entstand eine südländische Stadt im Schachbrettstil mit regelmäßig angeordneten, rechteckigen Häuserblöcken. Viele der neoklassizistischen Häuser sowie der Innenhofgärten sind bis heute gut erhalten und beherbergen Restaurants, Modeboutiquen, Werkstätten, Ateliers und Antiquitätenläden.
Quelle: https://www.myswitzerland.com/de-de/erlebnisse/carouge-italienische-koenigsstadt-bei-genf/

Der südländische Charme von Carouge gefiel es mir ausnehmend gut. Nachdem ich am Marktplatz mit der katholischen und endlich einmal prächtig ausgestatteten Kirche und Cafés vorbeigegangen war, legte ich eine Kaffeepause mit einer köstlichen Apfeltarte und einem Cappuccino ein.

Und nun folgte der Endspurt über Wiesen und durch den Wald. Unterwegs gab es noch einmal einen wunderbaren Rückblick auf Genf, den See und den Jet d’Eau (leider kein gelungenes Foto vorhanden). Ich näherte mich Compesières mit der letzten Schweizer Kirche, und mein Abschiedsschmerz nahm stetig zu.

In der Kirche fotografierte ich die wunderschöne Holzdecke mit religiösen Symbolen und Wappen. Dabei legte ich die Kamera auf den Boden und stellte den Selbstauslöser an. Um das Gerät besser auszurichten, kniete ich mich auf den Boden. Fast wäre ich auf den Knien geblieben, es fühlte sich gut an! Dabei bin ich überhaupt nicht gläubig …

Hinter Charrot, dem letzten Dorf in der Schweiz, gab es noch einmal eine Stempelstelle. Hier sollen manchmal Pilger anstehen. Mir begegnete auf dieser Etappe allerdings kein Einziger, was ich ein bisschen schade fand. Hätte mich gerne noch über das Pilgern in der Schweiz ausgetauscht.

Und kamen die abschließenden Meter auf der Via Jacobi. Auf einem Schild wurde der Pilger in der Schweiz verabschiedet und der Grenzübergang erwies sich, wie im Pilgerbuch beschrieben, als völlig unspektakulär.

Ich wagte mich noch ein kleines Stück über die Grenze, um mir die französischen Jakobswegschilder anzuschauen. Schon nach wenigen Metern musste ich eine stark befahrene Straße überqueren. In Frankreich war auch die Dauer bis zur nächsten Unterkunft (Gite) beschildert, was mir gut gefiel.

Ich feierte das Erreichen meines Zieles mit einem mitgeschleppten Schoko-Amaranth Riegel, der sich als sehr bröselig und trocken erwies. Einen Moment lang hatte ich doch Lust, in Frankreich weiter zu pilgern, obwohl ich (damals) plante, den Camino erst in Spanien oder Portugal fortzusetzen.

Schnell kehrte ich zurück nach Compesières und fuhr mit Bus und Bahn nach Genf.

Fazit:
7,5 km, 3 Stunden mit vielen Fotostops, etwa 90 Meter Aufstieg und 50 Meter Abstieg.
Kurze und leichte Etappe mit schöner Wegführung durch die Altstadt von Genf und Carouge. Es bietet sich an, noch ein Stück in Frankreich weiter zu gehen, wenn man den Jakobsweg fortsetzen möchte.

Am Nachmittag besuchte ich die sehr sehenswerte Retrospektive mit Werken von Verena Loewensberg im Museum für moderne und zeitgenössische Kunst. Danke Lars von Arte Concreta für den guten Tipp!

Abends spazierte ich zum See und fotografierte schließlich noch das Abendlicht über dem See und dem Gebirge.

Am nächsten Morgen ging es zurück in die Heimat. Vor der Abfahrt des Zuges hatte ich noch etwas Zeit, die ich nutzte, um nach dem Schwanenpaar zu schauen, das am See an der Promenade des Anglais brütete (die Eier hatte ich schon gezeigt) und Abschied vom wunderschönen Genf zu nehmen.

Nach einer gut siebenstündigen Zugfahrt, die glücklicherweise ohne weitere Vorkommnisse verlief, kam ich wohlbehalten und ohne Knieschmerzen in München an. Als H. mich am Bahnhof abholte, humpelte ich nicht! Und dann: Home sweet home!

Eine Bewertung meiner Pilgerwanderung über rund 450 km durch die gesamte Schweiz, von Konstanz/Kreuzlingen im Nordosten bis nach Genf/Charrot im Südwesten bleibt einem weiteren Beitrag vorbehalten. Dort werde ich auch berichten, wie ich die Fortsetzung des Camino plane.

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Finale auf dem Schweizer Jakobsweg /Finale on the Swiss Way of St. James erschien zuerst auf Wanderlustig.

Auf dem Schweizer Jakobsweg /On the Swiss Camino #22

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Von Bossey nach Genf (Versoix) am 26.4.2022

Nach dem Frühstück unternahm ich einen Abschiedsspaziergang im Schlosspark Bossey. Es war so schön dort, am liebsten wäre ich noch einen Tag geblieben, hatte aber schon eine Übernachtung in Genf gebucht.

Um 10 Uhr brach ich dann auf, etwas später als geplant, u.a. musste ich mehrmals meinen Rucksack ein- und auspacken. Wieder einmal hatte ich das zweite Paar Schuhe vergessen, das zuerst nach unten gepackt werden muss. An diesem Morgen packte ich zum letzten Mal meinen Rucksack auf dem Schweizer Jakobsweg und hatte es immer noch nicht automatisiert!

Durch den frühlingsfrischen Laubwald gelangte ich auf eine kleine Straße, die über Tannay nach Commugny führte. Dort las ich neben den Jakobswegschildern (noch 4,5 Stunden bis Genf!), wie weit es noch zu verschiedenen Orten am Camino war. Wieder einmal erschrak ich über die unglaubliche Entfernung nach Santiago de Compostella.

Damals dachte ich, dass ich nicht durch Frankreich pilgern, sondern den Weg in Spanien oder Portugal fortsetzen würde, um mir ca. 1000 Km zu sparen sparen. Inzwischen sehe ich das anders, aber das ist eine Geschichte, die ich in einem separaten Post erzählen möchte.

In der Kirche St. Christophe holte ich mir einen Pilgerstempel und schaute mir das Kirchenfenster mit der Darstellung der Weihnachtsgeschichte an.

Im nächsten Ort Tannay trank ich einen Cappuccino im Restaurant am schönen Dorfplatz mit dem zu Ostern geschmückten Brunnen. Auf der Fortsetzung des Weges sah ich ein in den Fels gehauenes historisches Wegzeichen der Via Jacobi, eine Muschel die Pilgern schon vor langer Zeit nach Santiago wies.

Schließlich erreichte und durchquerte ich den Ort Mies, der zwar nicht seinem Namen gerecht wurde, aber sich als langweilige Vorstadt von Genf erwies. Außerdem folgte der Jakobsweg eine ganze Weile der Hauptstraße. In der Nähe von Versoix hatte man sich mehr Mühe mit der Streckenführung gegeben. Der Fußweg in einem Wäldchen hinter den Häusern verlief neben einem kleinen Bach. Ich setzte mich auf eine Bank und verspeiste den restlichen Proviant, den ich zum Teil seit Fribourg mit mir herumgeschleppt hatte. Diese Notration brauchte ich nun nicht mehr. Der High Protein Riegel schmeckte richtig eklig und klebte an den Zähnen. Auch die Nüsse und die Datteln waren nicht mehr lecker. Mit viel Wasser spülte ich das Ganze hinunter und ging weiter nach Versoix.

Inzwischen befand ich mich in der Einflugschneise des Genfer Flughafens. Im Minutenabstand donnerten Flugzeuge über mich hinweg. Als ich am Bahnhof angekommen war, begann es wieder einmal zu regnen. Eigentlich hatte ich geplant, mit dem Schiff von Versoix nach Genf zu fahren. Das nächste Boot ging in einer knappen Stunde und ich wusste nicht, wie lange ich zur Anlegestelle brauchen würde. Wahrscheinlich hätte ich es geschafft, aber dann wurde am Bahnsteig der Regionalzug nach Genf angezeigt und das gab den Ausschlag.

Wenig später traf ich auf dem Genfer Hauptbahnhof ein. Zu Fuß wäre ich noch drei Stunden in weiteren Vorstädten unterwegs gewesen. Die Ankunft in Genf auf der Seepromenade hatte ich mir zwar sehr schön vorgestellt, aber für den bekannten Blick auf den Mont Blanc war es ohnehin zu stark bewölkt. Diesen Wegabschnitt ging ich dann am nächsten Tag von Genf aus (Bericht folgt).

Fazit:
10 km, 3 Stunden ohne Pausen, geringe Höhenunterschiede.

Leichte Wanderung durch die Vorstädte von Genf an verkehrsarmen Straßen, aber wenig naturnahe Strecken, bei schönerem Wetter Aussicht auf den Mont Blanc gegeben. Den Weg mit einer Schifffahrt nach Genf abzuschließen ist wohl empfehlenswert, während meines Aufenthaltes gab es nur wenige Verbindungen, weil der Winterfahrplan galt.

Am Nachmittag schlenderte ich durch Genf (Fotoimpressionen siehe: Nach Genf Geschafft), wollte eigentlich nur einen Kaffee trinken gehen, landete dann aber doch in der Kathedrale St. Pierre. Es handelt sich nicht um irgendeine reformierte Kirche, sondern um das Gotteshaus, in dem schon Calvin predigte. Das Kirchenschiff empfand ich als unglaublich karg und grau. Wahrscheinlich liegt das an meiner frühkindlichen katholischen Prägung und daran, dass ich überladene bayerische Barockkirchen gewohnt bin. Dass es keinen Altar in den protestantischen Kirchen gibt, war mir bekannt, aber dass im Chorraum nur ein mehrstufiges graues Holzpodest steht, wunderte mich. Ich fragte einen Kirchenmitarbeiter, verstand aber seine französische Erklärung leider nicht. Wisst ihr, warum die Genfer Kathedrale so ausgestattet ist ?

Ganz anders sieht es in der Chapelle des Macabées aus . Die zu Beginn des 15. Jahrhunderts im Stil der Flamboyantgotik ausgestattete Kapelle wurde Ende des 19. Jahrhunderts neugotisch sehr farbenprächtig restauriert.

Insgesamt fiel es mir schwer, mich in der sehr nüchternen Atmosphäre der Kathedrale auf meine zurückliegende Pilgerwanderung auf der Via Jacobi zu besinnen. Das holte ich dann später in der letzten Schweizer Kirche vor der Französischen Grenze in Compesières nach.

Ich holte mir den Pilgerstempel und ging ins Hotel zurück, wobei mir das Nachmittagslicht über dem Genfer See sehr gefiel.


Panoramafoto bitte anklicken

Bevor ich den Camino an der Grenze zu Frankreich beendete, verbrachte ich einen wunderbaren „Ruhetag“ in Genf, worüber ich als Nächstes berichten werde.

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Auf dem Schweizer Jakobsweg /On the Swiss Camino #21

Noch einmal …😉

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Von Gland zum Château de Bossey am 25.4.2022

Nun, an diesen Toblerone Stücken würde ich mir bestimmt die Zähne ausbeißen! Obwohl mich der Schweizer Jakobsweg nicht zu der bekannten Schokoladenspezialität geführt hat, bin ich restlos begeistert. Die Via Jacobi verläuft bei Gland ein Stück weit auf dem Toblerone Weg („Sentiers de Toblerones“).

Der Toblerone Weg verdankt seinen Namen den Panzersperren, die während der Schweizer Mobilmachung 1939–45 erstellt wurden. Die Form der Höckerelemente erinnert an die Schokolade der Marke Toblerone.
Quelle: Wikipedia, dort auch weitere Informationen zum Nachlesen.

Ich laufe an dem sehr interessanten Bauwerk vorbei und kann kaum aufhören, die efeuumrankten und moosbedeckten Betonblöcke zu fotografieren, obwohl im Wald bei dem trüben Wetter nur düsteres Tageslicht vorhanden ist. Trotzdem ein tolles Fotomotiv! Eine ähnliche, aber viel verstecktere und wohl kleinere Anlage hatte ich schon einmal in der Schweiz gesehen und zwar während meines Aufstiegs zum Etzelpass auf dem Weg nach Einsiedeln im Oktober 2021. Damals hatte ich das Bauwerk als historisch interessant eingeordnet aber auch als Relikt des Kalten Krieges. Inzwischen haben solche Abwehrmaßnahmen leider wieder an Aktualität gewonnen.

Toblerone Schokolade habe ich während meines Aufenthaltes in der Schweiz übrigens nicht ein einziges Mal gegessen.

Morgens startete ich eher widerwillig in Gland. Um 10:15 Uhr raffte ich mich auf, den Komfort des Hotels zu verlassen und setzte meine Pilgerwanderung im Nieselregen fort.
Nach dem Durchqueren eines Industriegebiets am Ortsrand folgte ich eine Weile dem Toblerone Weg (s.o.).

Danach verlief ich mich kurz, fand aber mit Hilfe der GPS-Navigation zurück zur Via Jacobi. Am Strand von Prangins donnerten die Wellen. Dass der Genfer See zu einem solchen Wellengang fähig ist, überraschte mich. In der Ferne sah ich schon den Yachthafen von Nyon, musste aber zunächst zum Schloss Prangins hinaufsteigen.

Ich besuchte dann die Pfarrkirche von Prangins, die wie fast alle Kirchen der Region am Genfer See geöffnet war. Das war zwar sehr angenehm, gerade wenn man den Pilgerstempel bekommen möchte, aber zu Beginn wunderte mich das schon. Erst nach einer Weile ging mir auf, dass in den protestantisch reformierten Gotteshäusern nur wenig Diebstahlsgut vorhanden ist. In den äußerst schlicht ausgestatteten Kirchen befinden sich nur Sitzbänke, ein Kommunionstisch und ein Lesepult. Protestantische Messen werden nicht an einem Altar gefeiert und Kunstwerke, z.B. Gemälde und Heiligenfiguren, gibt es im Kircheninneren nicht.

Der Jakobsweg entfernte sich weiter vom Genfer See und führte zum Bahnhof von Nyon. Die Via Jacobi führte oberhalb des Ortes vorbei. Ich war schon eine Weile unterwegs, daher beschloss ich, hinunter zu gehen um eine Kaffeepause einzulegen. Vom Schloss Nyon hatte ich trotz des schlechten Wetters einen sehr schönen Ausblick, aber in der Altstadt waren am Montag alle Cafés geschlossen.

Nur zwei Brasserien am Seeufer hatten geöffnet. Beide sahen sehr vornehm aus und waren proppenvoll, aber ich hatte wirklich Lust auf einen Kaffee, daher betrat ich schließlich eines der Lokale. Zunächst bekam ich den letzten Platz an einem hohen Tisch, was für mich nicht ideal war, weil ich meine Beine entspannen wollte. Schließlich brachte mich der Kellner an einen Tisch an einer bequemen Sitzbank. Dort schaute ich mir die Karte an und stellte fest, dass es keinen Kuchen gab sondern nur (sehr teure) Desserts. Schlimmer als die Preise fand ich aber die gehobene Clientele, die im Designeranzug bzw. -kleid/kostüm beim Essen saß. In meinen „wilden“ und zum Teil nassen Wanderklamotten und beim Abstellen des Rucksacks kam ich mir vor, als ob ich eine Party gecrasht hätte. Ich verspeiste die ausgezeichnete Crème, trank einen Espresso und war froh, als ich das Restaurant wieder verlassen hatte.

Am Seeufer wehte ein eisiger Wind, so dass ich mich schnell an den Aufstieg zurück zum Jakobsweg machte. Der Weg führte nun immer weiter nach oben und entfernte sich zunehmend vom See, an den ich erst am nächsten Tag bei meiner Ankunft in Genf zurück kehren sollte.

In Crans-près-Celigny legte ich einen sehr kurzen Abstecher zur Kirche ein, die auf einer Anhöhe lag. Der Himmel hatte sich etwas aufgehellt. Ich setzte mich auf die Bank hinter der Kirche und freute mich über den wunderschönen Ausblick.

Schließlich erreichte ich Céligny und nach einem weiteren Kilometer rechtschaffen müde meine Unterkunft im Château de Bossey.

Fazit:
15 Km, 4,75 Stunden ohne Pausen, Auf- und Abstieg jeweils 100 m, Abstecher nach Nyon nicht berücksichtigt.

Leichte und schöne Wanderung, vor allem bei besserer Sicht auf den See und die Berge, das absolute Highlight ist der Toblerone Weg, evtl. noch ein Stück weitergehen, ist insgesamt 17 Km lang, sehenswert ist sicher die Villa Rosa bei Gland, eine als Villa getarnte Festung, hinter Prangins entfernt sich der Jakobsweg leider vom Seeufer.

Das Schloss von Bossey ist eine ökomenische Ausbildungsstätte, bietet aber auch Tagungsräume und Unterkünfte in privaten und in Mehrbettzimmern. Das Château liegt naturnah und traumhaft schön über dem See. Abends kann man ein köstliches Drei-Gänge-Menue von einer Selbstbedienungstheke zu moderaten Preisen dazu buchen. Sehr empfehlenswert!

Zum Abschluss zeige ich Impressionen von meinem Abendspaziergang auf dem Gelände.

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Auf dem Schweizer Jakobsweg /On the Swiss Camino #21

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Von Gland zum Château de Bossey am 25.4.2022

Nun, an diesen Toblerone Stücken würde ich mir bestimmt die Zähne ausbeißen! Obwohl mich der Schweizer Jakobsweg nicht zu der bekannten Schokoladenspezialität geführt hat, bin ich restlos begeistert. Die Via Jacobi verläuft bei Gland ein Stück weit auf dem Toblerone Weg („Sentiers de Toblerones“).

Der Toblerone Weg verdankt seinen Namen den Panzersperren, die während der Schweizer Mobilmachung 1939–45 erstellt wurden. Die Form der Höckerelemente erinnert an die Schokolade der Marke Toblerone.
Quelle: Wikipedia, dort auch weitere Informationen zum Nachlesen.

Ich laufe an dem sehr interessanten Bauwerk vorbei und kann kaum aufhören, die efeuumrankten und moosbedeckten Betonblöcke zu fotografieren, obwohl im Wald bei dem trüben Wetter nur düsteres Tageslicht vorhanden ist. Trotzdem ein tolles Fotomotiv! Eine ähnliche, aber viel verstecktere und wohl kleinere Anlage hatte ich schon einmal in der Schweiz gesehen und zwar während meines Aufstiegs zum Etzelpass auf dem Weg nach Einsiedeln im Oktober 2021. Damals hatte ich das Bauwerk als historisch interessant eingeordnet aber auch als Relikt des Kalten Krieges. Inzwischen haben solche Abwehrmaßnahmen leider wieder an Aktualität gewonnen.

Toblerone Schokolade habe ich während meines Aufenthaltes in der Schweiz übrigens nicht ein einziges Mal gegessen.

Morgens startete ich eher widerwillig in Gland. Um 10:15 Uhr raffte ich mich auf, den Komfort des Hotels zu verlassen und setzte meine Pilgerwanderung im Nieselregen fort.
Nach dem Durchqueren eines Industriegebiets am Ortsrand folgte ich eine Weile dem Toblerone Weg (s.o.).

Danach verlief ich mich kurz, fand aber mit Hilfe der GPS-Navigation zurück zur Via Jacobi. Am Strand von Prangins donnerten die Wellen. Dass der Genfer See zu einem solchen Wellengang fähig ist, überraschte mich. In der Ferne sah ich schon den Yachthafen von Nyon, musste aber zunächst zum Schloss Prangins hinaufsteigen.

Ich besuchte dann die Pfarrkirche von Prangins, die wie fast alle Kirchen der Region am Genfer See geöffnet war. Das war zwar sehr angenehm, gerade wenn man den Pilgerstempel bekommen möchte, aber zu Beginn wunderte mich das schon. Erst nach einer Weile ging mir auf, dass in den protestantisch reformierten Gotteshäusern nur wenig Diebstahlsgut vorhanden ist. In den äußerst schlicht ausgestatteten Kirchen befinden sich nur Sitzbänke, ein Kommunionstisch und ein Lesepult. Protestantische Messen werden nicht an einem Altar gefeiert und Kunstwerke, z.B. Gemälde und Heiligenfiguren, gibt es im Kircheninneren nicht.

Der Jakobsweg entfernte sich weiter vom Genfer See und führte zum Bahnhof von Nyon. Die Via Jacobi führte oberhalb des Ortes vorbei. Ich war schon eine Weile unterwegs, daher beschloss ich, hinunter zu gehen um eine Kaffeepause einzulegen. Vom Schloss Nyon hatte ich trotz des schlechten Wetters einen sehr schönen Ausblick, aber in der Altstadt waren am Montag alle Cafés geschlossen.

Nur zwei Brasserien am Seeufer hatten geöffnet. Beide sahen sehr vornehm aus und waren proppenvoll, aber ich hatte wirklich Lust auf einen Kaffee, daher betrat ich schließlich eines der Lokale. Zunächst bekam ich den letzten Platz an einem hohen Tisch, was für mich nicht ideal war, weil ich meine Beine entspannen wollte. Schließlich brachte mich der Kellner an einen Tisch an einer bequemen Sitzbank. Dort schaute ich mir die Karte an und stellte fest, dass es keinen Kuchen gab sondern nur (sehr teure) Desserts. Schlimmer als die Preise fand ich aber die gehobene Clientele, die im Designeranzug bzw. -kleid/kostüm beim Essen saß. In meinen „wilden“ und zum Teil nassen Wanderklamotten und beim Abstellen des Rucksacks kam ich mir vor, als ob ich eine Party gecrasht hätte. Ich verspeiste die ausgezeichnete Crème, trank einen Espresso und war froh, als ich das Restaurant wieder verlassen hatte.

Am Seeufer wehte ein eisiger Wind, so dass ich mich schnell an den Aufstieg zurück zum Jakobsweg machte. Der Weg führte nun immer weiter nach oben und entfernte sich zunehmend vom See, an den ich erst am nächsten Tag bei meiner Ankunft in Genf zurück kehren sollte.

In Crans-près-Celigny legte ich einen sehr kurzen Abstecher zur Kirche ein, die auf einer Anhöhe lag. Der Himmel hatte sich etwas aufgehellt. Ich setzte mich auf die Bank hinter der Kirche und freute mich über den wunderschönen Ausblick.

Schließlich erreichte ich Céligny und nach einem weiteren Kilometer rechtschaffen müde meine Unterkunft im Château de Bossey.

Fazit:
15 Km, 4,75 Stunden ohne Pausen, Auf- und Abstieg jeweils 100 m, Abstecher nach Nyon nicht berücksichtigt.

Leichte und schöne Wanderung, vor allem bei besserer Sicht auf den See und die Berge, das absolute Highlight ist der Toblerone Weg, evtl. noch ein Stück weitergehen, ist insgesamt 17 Km lang, sehenswert ist sicher die Villa Rosa bei Gland, eine als Villa getarnte Festung, hinter Prangins entfernt sich der Jakobsweg leider vom Seeufer.

Das Schloss von Bossey ist eine ökomenische Ausbildungsstätte, bietet aber auch Tagungsräume und Unterkünfte in privaten und in Mehrbettzimmern. Das Château liegt naturnah und traumhaft schön über dem See. Abends kann man ein köstliches Drei-Gänge-Menue von einer Selbstbedienungstheke zu moderaten Preisen dazu buchen. Sehr empfehlenswert!

Zum Abschluss zeige ich Impressionen von meinem Abendspaziergang auf dem Gelände.

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Auf dem Schweizer Jakobsweg /On the Swiss Camino #20 (2)

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Von Allamand nach Gland am 24.4.2022

Meine Privatunterkunft in Allamand verließ ich noch vor 9 Uhr. Bei einem Blick über den See sah ich sogar ein kleines bisschen Sonnenschein. Mittags war aber wieder Regen angekündigt, daher startete ich früh. Obwohl mein Gastgeber schon meinen Pilgerpass gestempelt hatte, ging ich noch ein paar Schritte zur Kirche, die zwar noch geschlossen war, aber der Pilgerstempel hing draußen neben der Tür. Eigentlich handelte es sich nicht um eine Kirche sondern um einen Tempel („temple“) wie die protestantisch reformierten Gotteshäuser in der Schweiz genannt werden.

Bei dem kleinen Ort La Pêcherie traf der Weg wieder auf den See. Das Strandbad und der Kiosk hatten bei dem schlechten Wetter natürlich geschlossen. Bald ging es bergauf nach Perroy mit einem schönen Ausblick zum See über die noch kahlen Rebstöcke. Dahinter sollte man bei schönem Wetter den Mont Blanc sehen, aber es dazu war es zu bewölkt.

Panoramabild bitte anklicken.

Perroy erwies sich als reizendes Weinbauerndorf, aber für eine Pause war es noch zu früh. Ich besuchte die Kirche und setzte den Weg fort. Hinter dem Ort ging es durch weitere Weinberge hinunter nach Rolle. Zunächst ging ich am Schloss vorbei, dann bog ich in den Ort ab und gönnte mir in einer sehr netten Konditorei ein Erdbeerblätterteigtörtchen zum Cappuccino.

Hinter Rolle war es vorbei mit der Ufernähe. Der Jakobsweg führte bergauf zunächst über eine kleine Straße dann durch ein Waldstück. Durch den Regen war der Boden aufgeweicht, aber neben dem Weg lag ein wunderbares Blütenmeer. Schließlich ging es durch Obstplantagen und Felder parallel zu Autobahn A 1, die ich zwar nicht sah aber deutlich hörte.

Die Weinbauerndörfer Bursinell und Dully, die ich danach durchquerte, präsentierten sich als sonntäglich verlassen. Meine Hoffnung auf eine Pause in einem Restaurant erfüllte sich nicht. Die Via Jacobi führte mich am Schloss Dully vorbei und dann an einigen Villen der Superreichen mit riesigen Seegrundstücken. Sodann verlief die Via Jacobi in einem frühlingsgrün leuchtenden Laubwald. Das war wunderschön. Ich war aber schon fünf Stunden (mit Pausen) unterwegs und meine Erkältung machte mir noch zu schaffen, daher hoffte ich, dass ich mein Tagesziel Gland bald erreichen würde.

Die Via Jacobi Wegbeschilderung war spärlicher als bisher, so dass ich manchmal auf meinen GPS-Track schaute. Einmal sprach mich F. an und fragte mich, ob ich auf dem Jakobsweg pilgerte und ob sie ein Stück mit mir gehen könne. Beides bejahte ich und so unterhielten wir uns eine Weile. Sie arbeitete in einer nahegelegenen Klinik und lud mich in ihre Dienstwohnung zu einem grünen Tee ein. Bei besserem Wetter hätte ich aus ihrem Wohnzimmer einen Blick auf den Mont Blanc werfen können, aber auch so gefiel mir die nahe am See gelegene Wohnung sehr gut.

Wir sprachen sehr nett über den Jakobsweg und sie hatte alle möglichen Fragen, u.a. wie ich es mit dem Wäschewaschen halte.
„Ganz einfach,“ entgegnete ich. „Ich habe sehr wenig zum Anziehen dabei, also wasche ich jeden Tag einige Stücke.“
„Und das trocknet rechtzeitig?“
„Ja, wenn ich es direkt nach meiner Ankunft in der Unterkunft wasche.“

Leider stellte sich dann heraus, dass sie sich aus Gründen der persönlichen Freiheit nicht hatte impfen lassen. Sie sagte das sehr ruhig und ohne recht haben zu wollen nach dem Motto „Das muss jeder selbst entscheiden.“ Sie habe Corona gehabt, das sei überhaupt nicht schlimm gewesen. Nicht ganz verstehen konnte ich allerdings, wie man im Gesundheitsbereich arbeiten und so rücksichtslos sein kann. Nicht jeder Patient, den sie infizieren könnte, steckt Corona womöglich so gut weg! Diskutieren wollte ich das nicht, schon gar nicht auf Französisch.

Nach dem Teetrinken bot mir F. netterweise an, mich in die Nähe meines Hotel am Bahnhof zu fahren. Das nahm ich gerne an, denn inzwischen regnete es. Den Nachmittag und Abend verbrachte ich sehr ruhig. In Gland herrschte Sonntagsruhe. Das Hotelrestaurant war geschlossen und das galt auch für alle in Frage kommenden Gaststätten. Nach einem längeren Fußmarsch hätte ich Kebab essen können, wozu ich aber keine Lust hatte. Ich ruhte mich gut aus und ging zum Kaffeetrinken und zum Abendessen (Panini mit Corona Bier!) ins Bistro im Supermarkt am Bahnhof.

Fazit:
15 Km, 4,5 Stunden reine Wanderzeit, 150 Höhenmeter jeweils bergauf und bergab.

Abwechselungsreiche und leichte Etappe, bei schönem Wetter sehr aussichtsreich, Verkehrslärm in der Nähe der Autobahn, Gland ist kein idealer Ort zum Übernachten, evtl. die Etappen anders wählen bis Prangins oder Nyon gehen, wo wieder Seenähe gegeben ist.

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Der Beitrag Auf dem Schweizer Jakobsweg /On the Swiss Camino #20 erschien zuerst auf Wanderlustig.

Auf dem Schweizer Jakobsweg /On the Swiss Camino #20

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Von Lausanne nach St.Prex (Allaman) am 23.04.2022

Nach meinem Ruhetag in Lausanne setzte ich meine Pilgerwanderung auf der Via Jacobi fort. Als ich morgens aufbrach, regnete es wie durch den Wetterbericht angekündigt. Mit der U-Bahn fuhr ich nach Lausanne-Ouchy. Am Seeufer war es noch ziemlich ruhig. Obwohl es tröpfelte, war die Sicht auf die Berge besser als am vorigen sonnigen Tag. Allerdings hatte ich mir eine Abkürzung des Weges versprochen, als ich nicht die Strecke von der Kathedrale wählte wie im Pilgerführer vorgeschlagen. Stattdessen lief ich fast etwa eine Stunde zunächst am Seeufer und dann an einer Hauptverkehrsstraße entlang, bis ich wieder auf den Jakobsweg traf. Kurz danach passierte der Camino die stimmungsvollen Ruinen der spätrömischen Stadt Losanna.

Es hatte aufgehört zu regnen und von nun an führte der Weg dicht am Ufer entlang. Am Samstag waren trotz des mäßigen Wetters viele Spaziergänger, zum Teil mit Hunden, unterwegs und auf den Sportplätze fanden Fußballtraining und -spiele statt.

Zunächst lief ich bis St. Sulpice. Im Restaurant bei der Kirche konnte ich noch auf der Terrasse sitzen und einen Cappuccino schlürfen, aber es zog sich schon wieder zu.

Die Kirche St. Sulpice stammt aus dem 12. Jahrhundert und besitzt neben drei Apsiden ein romanisches Querschiff.
Quelle: Rother Pilgerführer Jakobswege Schweiz

Im dunklen Kircheninneren tastete ich nach dem Pilgerstempel und entzifferte schließlich eine Notiz, dass er im Restaurant angeboten wurde, in dem ich gerade gewesen war. Die Kellnerin wusste davon nichts, aber der Patron konnte mir helfen.

Als ich weiter ging, fing es richtig an zu schütten. Zum ersten Mal seit langer Zeit reichten mein Wanderschirm und der Rucksackschutz nicht aus, sondern ich brauchte die gesamte Montur mit Regenhose und -jacke. Zum Ausgleich führte der Jakobsweg nun sehr malerisch dicht am Ufer des Genfer Sees entlang.

Im nächsten Ort, dem hübschen Städtchen Morges, lief ich durch eine Fußgängerzone mit Hotels, Restaurants und Cafés. Dort waren viele Passanten unterwegs, was mich etwas wunderte. In einem belebten Ort wie Morges hätte ich auch gerne übernachtet, aber das hatte sich bei meiner Etappeneinteilung und den Übernachtungsmöglichkeiten nicht ergeben.

Ich kehrte in einem großen Café ein, in dem es picke packe voll war, fand aber noch einen ruhigen Sitzplatz am Rand, wo ich es mir richtig gemütlich machte. Nach dem Verspeisen einer herzhaften Quiche gönnte ich mir noch eine köstliche Zitronentörtchen zum Kaffee.

Durch die Altstadt ging ich weiter, kam am Hafen und am imposanten Schloss vorbei und im folgenden Park entdeckte ich die wunderschöne Tulpenshow, die wohl der Grund für die zahlreichen Besucher war.

Es fing wieder an zu regnen, hörte dann auf und fing erneut an aber nicht so stark wie morgens. Eine Weile lief ich am Ufer des Genfer Sees entlang und freute mich über die schöne Streckenführung.

Der Weg entfernte sich danach vom Ufer. An einem Bach sah ich die Fortsetzung des Weges nicht mehr, kehrte zurück und folgte der Landstraße #1. Zu behaupten, dass diese Straße stark befahren war, wäre noch eine Untertreibung. Im GPS-Track hatte ich aber gesehen, dass ich bald rechts abbiegen konnte, um den Jakobsweg wiederzufinden. GPS-Navigation ist eine feine Sache!

Es ging dann noch ein Stück durch die Weinberge oberhalb des Sees. Bald konnte ich zum Bahnhof St. Prex abzweigen. In diesem Moment fing es überflüssigerweise wieder an zu schütten. Es sah recht freundlich und sonnig aus, aber ein Regenbogen zeigte sich leider nicht. Rasch ging ich weiter. In St. Prex musste ich nur kurz auf den nächsten Zug nach Allaman warten, wo ich eine Privatunterkunft gebucht hatte. Zu Fuß hätte ich noch zwei weitere Stunden gebraucht. Etwas frustriert war ich, als ich auf der Anzeige im Zug sah, dass die Fahrtzeit bis Genf nur noch 40 Minuten betrug, während ich noch drei Tage bis dort hin wandern würde.

Nach ein bisschen Suchen gelangte ich schließlich zu meinem Quartier in Allaman in den Weinbergen.

Fazit:
Etwa 20 Km (bis St. Prex), Aufstieg ca. 100 m, unbedeutender Abstieg, 5 Stunden und 30 Minuten ohne Pausen.
Wunderschöne, mittellange aber leichte Etappe, die oft am Seeufer entlang führt, nettes Städtchen Morges mit Fußgängerzone, Gastronomie und Seepromenade gut zum Übernachten geeignet.

Über euer Feedback freue ich mich immer sehr.

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Auf dem Schweizer Jakobsweg /On the Swiss Camino #19

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Von Moudon-Syens nach Epalinges-Croisettes (Lausanne-Bessieres) am 21.04.2022

Das Pilgerbuch schlug eine Etappe von Moudon nach Epalinges kurz vor Lausanne vor. Ich war durch meine Unterkunft in Syens schon ein paar Kilometer näher an Lausanne und hatte daher beschlossen, bis dort zu gehen. In der Stadt hatte ich ohnehin einen Ruhetag eingeplant und so konnte ich zweimal übernachten. Nötigenfalls würde ich die restlichen Kilometer mit der einzigen U-bahn in der Schweiz ab Epalinges-Croisette zurücklegen. Meine Fahrt verlief dann sehr speziell, aber dazu später …

Um 9 Uhr verließ ich meine schöne Unterkunft mit Gartenterrasse. Zunächst ging es etwas bergauf zu einem Bauerhof mit Putenzucht. Als ich am Zaun stehenblieb, kamen die Tiere sofort angelaufen. Entweder waren sie so neugierig wie Kälber, oder es war gerade Fütterungszeit und sie hatten mich verwechselt. Weiter ging es an gepflügten noch nicht bepflanzten Feldern vorbei. Wurde dort der im Waadtland verbreitete Tabakanbau betrieben? Auf einem schönen Weg gelangte ich an den Waldrand, wo ich wieder ein fantastisches Bergpanorama sah. Leider war es ziemlich diesig, so dass es mit dem Fotografieren nicht so gut klappte.

Kurz darauf überholte mich eine französisch sprechende Pilgerin aus der Nähe von Fribourg. Ich fragte sie, ob wir den Mont Blanc sahen. Das wusste sie nicht genau, glaubte es aber schon. Sie wollte bis Lausanne laufen und dann nach Hause zurückkehren, um später bis Genf zu pilgern. Die junge Frau hatte im Bahnhofshotel in Moudon übernachtet und berichtete, dass sie dort zwei Pilgerinnen aus München getroffen habe. Diese wollten noch die Kirche besuchen und dann nachkommen. Wir verabschiedeten uns und ich folgte ihr eine Weile. Nach der Kirche in Vucherens verlief der Camino zwischen Feldern auf einer Hochebene, die wieder sehr schöne (im starkem Dunst liegende) Aussichten bot. An einem Punkt bog die Schweizerin plötzlich vom Weg ab. Ob das mit Absicht geschah, weiß ich nicht. Wieder getroffen habe ich sie nicht.

Im nächsten Ort Ussières verlief ich mich. Statt den Wegweiser am Ortsrand richtig zu deuten, bog ich ins Dorf ab. Kaffee gab es dort keinen, selbst der Shop in der Käserei war an diesem Vormittag geschlossen. Dann hielt zu meiner großen Verwunderung auf dem Gehweg direkt neben mir ein Auto. Ein älteres Ehepaar stieg aus. Sie hatten meine Jakobsmuschel am Rucksack gesehen und erklärten mir, dass sie vor Jahren an dieser Stelle auf dem Camino gepilgert waren und sich erinnerten, dass man die Straße überqueren musste, anstatt nach Ussières abzubiegen. Ein Blick auf meinen GPS-Track bestätigte mir, dass die hilfsbereiten Schweizer recht hatten. Wir tauschten uns dann noch über Camino Erlebnisse aus. Nach diesem sehr netten Gespräch kehrte ich ohne weitere Probleme auf die Via Jacobi zurück.

An diesem Tag fand ich das Wandern zunächst sehr angenehm. Es war immer noch sehr sonnig und auf der Strecke gab es kaum Schatten, aber es wehte eine kühle Brise. Um die Mittagszeit bekam ich aber gewaltigen Hunger und legte auf einem Baumstamm im Wald eine Brotzeitpause ein.

Kaum hatte ich mich gesetzt, da kamen die beiden schon angekündigten Pilgerinnen. Es waren die Frauen, die ich am Vortrag auf dem Bahnhofsplatz in Moudon gesehen hatte. Sie kamen nicht aus München, sondern aus einem ungefähr 150 km entfernten Ort in der Oberpfalz. Wie ich hatten sie die Pilgerwanderung auf dem Münchner Jakobsweg nach Lindau begonnen. Nach coronabedingten Pausen in den Jahren 2020 und 2021 wollten sie nun bis Genf pilgern. Im Hotel in Moudon hatten sie Verständigungsprobleme gehabt, weil sie kein Französich konnten und das Hotelpersonal kein Englisch oder Deutsch. Glücklicherweise hatte die junge Schweizer Pilgerin für sie gedolmetscht. Im nächsten Urlaub planten die Beiden, in Frankreich bis Le Puy weiter zu wandern. Sie meinten, evtl. sei es gut, vorher noch ein bisschen Französisch zu lernen …. Die Pilgerinnen gingen weiter, während ich mich noch etwas ausruhte.

Nach dem Überqueren des Bächleins Bressone gelangte ich bald auf leicht ansteigendem Weg nach Montpreveyres mit der Pilgerherberge und der Kirche aus dem 18. Jahrhundert, wo ich auch den ersten Pilgerstempel des Tages erhielt.

In dem kleinen Ort fragte ich einen Busfahrer, der gerade Pause machte, nach einem Café. Er wies mich auf die einzige Möglichkeit hin: in einem nahen Lebensmittelladen gab es Coffee to go aus einer Nespressomaschine. Mit dem Kaffee und einem Karottentörtchen setzte ich mich an den Picknicktisch im Hof hinter dem Laden.

Dann kam die im Pilgerbuch beschriebene kurze Strecke an der sehr stark befahrenen Kantonsstraße nach Lausanne. Es handelte sich um weniger als 400 Meter und man konnte gut neben der Fahrbahn in der Wiese laufen. Außerdem war das Landschaftsbild schön anzusehen.

Der Jakobsweg zweigte dann ab und ging hinunter in ein kleines Tal, um dann im Wald gleich wieder anzusteigen. Das wiederholte sich einige Male und ich merkte, dass meine Kräfte nachließen. Es ging zwar durch einen dichten Wald, aber der Verkehrslärm der nahen Hauptverkehrsstraße war fast durchgängig zu hören. Wieder auf einem Baumstamm sitzend erholte ich mich kurz, trank Mangosaft und warf Traubenzucker ein. Über ein Strässchen führte der Weg durch ein kleines Wohngebiet und danach zu einem Campingplatz, wo ich einen Cappuccino trank und ein eiskaltes Sprudelwasser. Der Bus nach Epalinges hielt gerade direkt vor dem Campingplatz, aber dieses Mal widerstand ich der Versuchung. Schließlich war ich nicht auf der Via Jacobi, um ständig mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren.

Dem Weg folgte ich weiter durch einen schönen Stadtwald, wo ich viele Jogger und Hundebesitzer mit ihren Tieren sah.

Dann folgten kleinere Siedlungen. Danach ging es wieder ins Grüne und immer wieder kurz, aber zum Teil steil, bergauf und bergab. Bei Epalinges stieg ich kurz zur Kapelle des Croisette mit einem sehr schönen Ausblick bis zum Genfer See (rechts oberhalb der Mitte im Foto) auf. Außerdem gab es einen weiteren Stempel für meinen Pilgerpass.

In Epalinges-Croisette reichte es mir. Ich stieg in die Metro und freute mich auf eine gemütliche Fahrt von 15 Minuten in das Zentrum von Lausanne. Die Bahn war voll besetzt. Viele Passagiere standen. In meiner Nähe trug außer mir nur eine weitere Person eine Schutzmaske. Nach vier Stationen bremste die führerlose Metro plötzlich auf der Strecke und zwar sehr scharf. Dabei stürzte sogar ein junger Mann über mich, was aber nicht weiter schlimm war. In einer Durchsage wurden wir informiert, dass technisches Personal angefordert wurde, um die Störung zu beheben. Das Licht ging sehr kurz aus, aber die Notbeleuchtung schaltete sich gleich an. Die Lüftung war leider ausgefallen und die Fenster konnten nicht geöffnet werden. Es wurde sehr warm und ich bemühte mich, nicht in „Corona-Panik“ zu verfallen, was mir auch gelang. Nach einer knappen halben Stunde fuhr die Metro mit quietschenden Bremsen immer wieder ein paar Meter weiter, um dann erneut ruckartig stehen zu bleiben. Im Schneckentempo erreichten wir schließlich die nächste Station. Glücklicherweise hatte in dem vollbesetzten Wagon niemand die Geduld verloren oder war in Panik verfallen. Hut ab vor den Schweizern!

Als ich in Lausanne-Bessières an der Metrostation stand und Google Maps konsultierte, um den nun etwas längeren Fußweg zu meinem Hotel zu finden, kam ein junger Mann mit seiner kleinen Tochter im Kinderwagen vorbei und bot mir seine Hilfe an. Er hatte fast den gleichen Weg und begleite mich bis in die Nähe meiner Unterkunft. Von dort waren es nur noch einige hundert Meter.
Was für ein Tag!

Fazit:
Etwa 20 km, Aufstieg 470 Hm, Abstieg 180 Hm ( zusätzlich ca. 250 Hm bis Lausanne), ca. 7 Stunden
Sehr abwechslungsreiche Etappe mit wunderbaren Ausblicken, naturnahe Pfade, aber auch Strecken in der Nähe der verkehrsreichen Hauptstraße nach Lausanne. Zum Schluss durch stetiges An- und Absteigen für mich persönlich ziemlich fordernd.

Über euer Feedback freue ich mich immer sehr.

Auf dem Schweizer Jakobsweg /On the Swiss Camino #18

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Von Payerne nach Syens bei Moudon am 20.4.2022

Morgens ging ich noch einmal auf das Gelände der Payerner Abtei. Am Vorabend waren die Kirchen schon geschlossen gewesen und ich wollte mir noch einen Pilgerstempel holen. Die Abteikirche konnte, wie das Kloster, erst nachmittags (gegen Eintritt) besichtigt werden.

Ich besuchte die Gemeindekirche. Das Innere des romanischen Baus, das im zauberhaften Morgenlicht lag, gefiel mir sehr gut, aber den Stempel suchte ich ausgiebig und vergeblich. Später las ich, dass die Touristeninformation im Ort einen schönen Stempel anbietet.

Kurz nachdem ich aufgebrochen war, erreichte ich das Ufer des Flüsschens Broye, dem ich den ganzen Tag lang folgen würde. Davor lag die katholische Kirche. Vielleicht würde es dort einen Stempel geben. Zuerst sah es nicht danach aus, aber nach einigem Suchen entdeckte ich im Halbdunkel eine Notiz, dass Pilger im Pfarrbüro nebenan nachfragen sollten. Dort erhielt ich ohne Weiteres meinen „tampon de pélérinagne“, den ersten seit zwei Tagen.

Nun begann die Flussetappe, die im Pilgerbuch als immer am Ufer entlang führend und gleichförmig beschrieben worden war. Da man nicht ständig auf die Wegbeschilderung achten musste, sollte die Strecke eine Chance zum meditativen Gehen bieten. Zu Beginn fand ich das sanfte Landschaftsbild mit der grünen Frühlingsvegetation recht hübsch und marschierte munter auf dem ebenen Weg.

Nach zwei Stunden zweigte ich in den ersten Ort Granges-Près-Marnand ab, um mir eine Kaffeepause zu gönnen. Leider fand ich wieder einmal kein geöffnetes Café. Im Supermarkt erkundigte ich mich , verstand aber die französische Erklärung nicht und hatte nicht genügend Energie um nachzufragen. Stattdessen kaufte ich ein großes Eis am Stiel, das ich Gehen aß, als ich auf die Via Jacobi zurückgekehrt war. Inzwischen war es heiß geworden auf dem schattenlosen Weg und ich fühlte einen klitzekleinen Überdruss. Der meditative Flow wollte sich nicht einstellen. Wahrscheinlich bin ich einfach nicht der Typ für solche Erfahrungen.

Dann kam mir ein älterer Mann mit seinen beiden Enkeln entgegen. Er fragte mich, ob ich auf dem Jakobsweg unterwegs sei und erzählte, dass er mit 27 (vor 40 Jahren ?) mit dem Fahrrad von seinem Wohnort in der Nähe mit dem Fahrrad nach Santiago gepilgert war. Er hatte es, obwohl er damals sehr fit gewesen war, anstrengend gefunden aber auch sehr bewegend.

Nach dieser netten Unterhaltung, bei der es auch mit meinem Französich recht gut klappte, spendierte mir der Camino noch Etwas. Am Flussufer gab es häufiger Bänke, aber diese war etwas Besonderes. Sie ging um die Ecke. Ich ließ mich nieder, konnte mich anlehnen und dabei die Füße hochlegen. Und über mir rauschten die Birkenblätter in der leichten Brise. Herrlich !

Als ich dort saß, kamen tatsächlich zwei französischsprachige Pilgerinnen vorbei, die Ersten seit ich in Fribourg gestartet war. Sie hatten auf Via Jacobi in der Nähe von Biel begonnen und wollten dieses Mal bis Genf pilgern. Genau wie ich hatten sie in Moudon keine Unterkunft gefunden und würden in Billens, etwas abseits des Jakobswegs, privat übernachten. Ihren nächsten Urlaub im Mai wollten sie wieder auf dem Camino verbringen und in 14 Tagen bis Le Puy pilgern. Als sie weitergingen, verabschiedeten wir uns mit „Bonne route!“. Die Beiden habe ich nicht wieder getroffen, hoffe aber, dass sie gut in Genf angekommen sind.

Nach meiner Entspannungspause auf der Bank ging ich erfrischt weiter und es dauerte nicht lange, bis ich Lucens erreicht hatte.

Am Ortseingang überquerte ich eine Brücke und dann verlief ich mich wahrscheinlich, obwohl das doch auf der Strecke nicht möglich sein sollte. Ich wanderte an der Straße entlang durch ein fieses, stinkendes Industriegebiet. Einen Gehweg gab es nicht, so dass ich mich mehrmals vor dem Schwerlastverkehr in Sicherheit bringen musste.

Als ich am Rande der Innenstadt ankam, zeigte ein Caminoschild zuerst in die Richtung, aus der ich gekommen war. Zurückgehen kam für mich nicht in Frage. Ich ging weiter und entdeckte die Abzweigung nach Curtilles, dem nächsten Ort auf dem Schweizer Jakobsweg. Bis dahin sollte der Weg laut Pilgerbuch leicht bergauf und dann wieder an der Broye entlang nach Moudon führen. Ich beschloss zunächst den dringend benötigten Kaffee trinken zu gehen und bog nach Lucens ab. Bald stand ich am Bahnhof und sah ich, dass das Restaurant, das mir der nette Mann unterwegs empfohlen hatte, geschlossen war.

In früheren Zeiten sind den Pilgern fernab der Heimat auf ihrer langen und oft einzigen Reise ihres Lebens sicher viele Versuchungen begegnet. Auf der Via Jacobi ist es heutzutage vor allem die Schweizer Bahn SBB. Der Weg verläuft meistens nicht weit entfernt von der Bahnstrecke. Die Bahnverbindungen sind dicht getaktet und die Züge pünktlich. Es bedarf oft moralischen Standvermögens, um eine beschwerliche noch Stunden dauernde Wanderung fortzusetzen, wenn die Zugfahrt nur einige Minuten beträgt.

Am Bahnhof war der nächste Zug nach Moudon schon angezeigt. Er ging in wenigen Minuten. Blitzschnell rechnete ich mir aus, dass ich für die 6-7 km bis Moudon, die zudem wieder an der Broye filgten, noch etwa zwei Stunden brauchen würde, klickte mich durch die Optionen im Fahrkartenautomaten, kaufte ein Ticket und schaffte es in letzter Minute, zum richtigen Gleis zu eilen.

In wenigen Minuten hatte ich Moudon erreicht. Inzwischen machte ich mir Sorgen, weil A. meine Gastgeberin, bei der ich eine kleine Ferienwohnung in Syens hinter Moudon gemietet hatte, auf meine letzte Mail mit einer Bitte um eine genaue Wegbeschreibung nicht reagiert hatte. Als ich vor dem Bahnhof stand, sah ich das nächste Wegschild, auf dem die Gehzeit bis Syens mit 1,5 Stunden angegeben war. Das war mehr, als ich erwartet hatte, und ich wollte auf jeden Fall eine Rückmeldung von A. abwarten, bevor ich weiter ging. Außerdem musste ich nun endlich einen Kaffee trinken. Nun war es schon 14:30 Uhr. Zuletzt hatte ich mein koffeinhaltiges Lieblingsgetränk zum sehr frühen Frühstück getrunken. Das war für eine Kaffeeaficionada wie mich viel zu lange her. Rund um den Bahnhof waren sämtliche Gaststätten geschlossen, aber zwei sehr nette Frauen führten mich zu einem etwas versteckt liegenden Bäckereicafé.

Als ich bei Cappuccino und Schokoladenéclair saß, meldete sich A. Wir telefonierten und sie bot mir an, mich vom Bahnhof abzuholen. Dazu konnte ich natürlich nicht nein sagen.

Nach dem Kaffeetrinken musste ich noch die Kirche besuchen. Nach Moudon würde ich nicht zurückkehren, weil Syens auf der Fortsetzung der Via Jacobi lag. Die gotische Kirche Saint- Etienne gefiel mir sehr gut. Ohne meine Mitfahrgelegenheit wäre ich dort sicher etwas länger geblieben.

Bevor ich mich mit A. traf, ging ich noch einkaufen, um mir abends Spaghetti mit Tomatensoße zu kochen. Und ein leckeres Quöllfrisch, Appenzeller Bier, besorgte ich auch, obwohl ich dazu noch ein weiteres Geschäft aufsuchen musste, weil der erste Laden einer bekannten Schweizer Supermarktkette, keinen Alkohol mehr führt.

Während ich auf dem Bahnhofsparkplatz auf A. wartete, gingen zwei Frauen mit Rucksäcken vorbei. Ihre außergewöhnlich kleinen Jakobspilgermuscheln entdeckte ich erst, als sie schon weitergegangen waren und ich sie nicht mehr ansprechen mochte.

Meine Unterkunft entpuppte sich als wunderschön im Grünen und am Flüsschen Le Brits gelegen. Von meiner Ferienwohnung ging es direkt auf eine schöne Gartenterrasse, wo ich erst einmal ausgiebig von blühenden Pflanzen umgeben in der Sonne sitzend relaxte. Abends kochte ich und freute mich sehr, einmal nicht essen gehen zu müssen.

Fazit:
16 Km bis Lucens (26 km bis Syens), 4 Stunden, keine Höhenunterschiede
Leichte Wanderung , die mittellange Strecke erfordert aber wegen der fehlenden Abwechselung Durchhaltevermögen, eine der ganz wenigen Etappen, die ich gerne in Begleitung eines Gesprächspartners gegangen wäre. Im Sommer bei Sonnenschein mangels Schatten nicht zu empfehlen. Übernachtung in Moudon rechtzeitig buchen, weil die Möglichkeiten sehr begrenzt sind.

Über euer Feedback freue ich mich immer sehr.

Auf dem Schweizer Jakobsweg /On the Swiss Camino #17

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Von Fribourg nach Payerne am 19.04.2022

Obwohl ich früh aufgewacht war, zog ich erst um 9:30 Uhr los. Trotz des sonnigen Frühlingswetters herrschten morgens nur knapp 6 ° C. Nachdem ich durch eine Unterführung am Bahnhof gelaufen war, ging es bergauf durch ein Wohnviertel und schon bald wurde mir warm. In den nächsten eineinhalb Stunden führte mich der Jakobsweg immer in die Nähe von Orten und Hauptverkehrsstraßen über asphaltierte und Betonplattenwege.

Ich hatte mich für die Variante nach Moudon über Payerne entschieden. Bis Payerne war der Weg im Pilgerführer als abwechselungsreich beschrieben. Für die Fortsetzung, die sehr lange und eher eintönig immer am Flussufer der Broye entlang führte, sollte Durchhaltevermögen gefragt sein. Ich wollte mich schonen und hatte mir diese Strecke ausgesucht, weil sie weitgehend eben verlief. Auf diese Etappe war ich sehr gespannt.

Nachdem ich ein großes Pilgerkreuz aus dem 18. Jahrhundert passiert hatte, fand ich den Abzweig nach Payerne. Kurz danach überquerte ich die Autobahn A 12, die für mich die Krönung der verkehrsreichen Wegführung an diesem Tag darstellte.

Aber danach lief ich lange auf weichem Untergrund durch den Wald. Unzählige Frühlingsblüten, vor allem Buschwindröschen und Schlüsselblumen, sah ich auf dem Waldboden. Weil die meisten Bäume noch kein Laub gebildet hatten, fiel helles Licht in den Wald. Andererseits gab es kaum Schatten, so dass es mir im Laufe der Zeit ziemlich warm wurde. Bald konnte ich mich über die erste Aussicht auf die schneebedeckten Berge freuen, wobei ich bis heute nicht weiß, um welches Gebiet es sich handelt (die Schweizer Berge bei Crans-Montana ?).

Leicht abfallend führte mich die Via Jacobi danach zu einem Bächlein. Auch dort bedeckten wunderschöne Blüten den Waldboden. Kurz nachdem ich begeistert blühende Zweige an einem Baum vor dem strahlend blauen Himmel fotografiert hatte, begann ein kurzer, aber äußerst steiler Aufstieg. An einem Punkt hatte ich sogar Angst, mit dem Rucksack nach hinten zu kippen. Danach befand ich mich auf einem schräg abschüssigen Pfad wieder und war sehr froh, dass der Untergrund trocken war. Quer über dem Weg lag ein umgestürzter Baum, wobei ich den Fortgang der Strecke nur daran erkannte, dass dahinter Stufen den Hang hinauf führten. Schwer atmend und mit zitternden Beinen erreichte ich schließlich die Höhe. Nun rief ich St. Jakob an und bat ihn um eine Bank. Und was kam bald darauf ? Einer von diesen opulent ausgestatteten Schweizer Rastplätzen im Wald mit Schutzhütte und Grillstelle. In der Tat: Camino provides !

Dort ließ ich mich nieder. Nach fast drei Stunden Rucksackwanderung war ich reif für eine Pause und eine ausgedehnte Brotzeit. Ich schälte das aus dem Hotel mitgenommene Osterei, aß die Reste meiner Verpflegung von der Zugfahrt und mein letztes Schokoladenei musste daran glauben. Dazu trank ich eine Menge Wasser. Alles war perfekt, nur der Kaffee fehlte!

Frisch gestärkt brach ich wieder auf. Zum nächsten Ort Noréaz ging es angenehm bergab durch den frischen grünen Wald und bald sah ich wieder ein herrliches Bergpanorama.

Der Ort präsentierte sich leider ohne Restaurants oder Cafés, aber am Ortsausgang kam ich an einem Haus mit einem großen Schild vorbei, auf dem Getränke und Kuchen angeboten wurden. Es sah nicht nach einem geöffneten Lokal aus, aber ich war kaffeedurstig genug, um an der Haustür zu klingeln.

Die Dame des Hause öffnete und antwortete mir, dass es keinen Kaffee gäbe, aber meine Wasserflasche, die ich in der Hand hielt, wollte sie mir füllen. Ich nahm dankend an und fragte, ob sich in der Nähe ein geöffnetes Café befinde. Das war nicht der Fall und so kochte mir Madame schließlich einen aromatisch starken Kaffee und wollte nicht einmal Geld annehmen. Wir unterhielten uns ein bisschen und sie berichtete, dass sie schon häufiger vorbeiziehende Pilger mit Kaffee verpflegt hatte. Richtig nett!

Vorbei an schönen Gärten mit frühlingshaften Blüten, ging es danach kurz steil hinab nach Moulin de Prez. Unten überquerte ich den Bach L’Arbogne, dem ich eine Weile folgte. Auf einem Felsen sah ich den Turm der Burgruine Montagny.

Ab Les Arbognes, einem Ort mit einem Sägewerk, wenigen Häusern und einem (wegen Ruhetag geschlossenen) Restaurant, lief ich auf der wenig befahrenen Straße. Der Verkehr nahm in Cousset zu, aber gleich am Ortseingang war eine Abzweigung auf dem Jakobsweg ausgeschildert. So zeigte es auch mein GPX-Track an. Ich wollte lieber dem Pilgerführer glauben und lief auf dem Bürgersteig durch den Ort. Auch hatte ich auf eine Einkehrmöglichkeit gehofft, aber da gab es wieder nichts. Das Bahnhofshotel hatte geöffnet, aber die Gaststätte war geschlossen. Am Ortsausgang führte die Umgehung zurück auf meine Strecke. Bald darauf sah ich schon den Turm der Wallfahrtskirche Notre-Dame de Tours. Nun schon etwas müde schleppte ich mich über die Stufen hinauf zu dem Gotteshaus. In der Kirche war es angenehm kühl, aber ein Pilgerstempel wurde nicht angeboten.

Über einen Wiesenpfad erreichte ich Corcelles, wo ich es wieder besser wusste und der stark befahrenen Hauptstraße folgte. Der Verkehr störte mich schließlich so sehr, so dass ich mit Hilfe des GPX-Tracks abzweigte und nach einer kleinen Steigung auf dem über einen Wiesenpfad verlaufenden Jakobsweg landete. Die letzten Kilometer zogen sich fürchterlich, aber schließlich kam ich doch in meiner Unterkunft am Bahnhof von Payerne an.

Fazit:
22 Km, 180 m Aufstieg, 320 Abstieg, 6,5 Stunden ohne Pausen
Sehr abwechselungsreiche Etappe, nachdem man Fribourg und Umgebung passiert hat, weitgehend naturnah, die Frühlingsvegetation im Wald gefiel mir ausgesprochen gut. Wenige Einkehrmöglichkeiten, daher besser Proviant und Wasser mitnehmen. Für mich persönlich eine lange Strecke, bei durchschnittlicher Fitness unproblematisch.

Auf dem Weg zum Abendessen spazierte ich zu den beiden Kirchen auf dem Gelände der Abtei von Payerne. Das Kloster gehörte im Jahr 962 zu den ersten Tochterklöstern von Cluny. Schließlich mussten die Mönche das Kloster im Jahr 1536 während der Reformation verlassen. Teile des Konventsgebäudes wurden abgerissen oder umgewidmet. 1926 wurde der Komplex sorgfältig restauriert.
Quelle: Rother Pilgerführer, Jakobswege Schweiz

Einen wunderschönen Blick auf die Kirchen hatte ich vom Fenster meines Hotelzimmers. Allerdings schlugen die Kirchturmuhren die ganze Nacht lang jeweils zur vollen Stunde, erst die eine und dann die andere!

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