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Von Thun/Dürrenast nach Riggisberg
Als ich morgens auf dem Jakobsweg weiter ging, regnete es nur noch leicht, während es in der Nacht geschüttet hatte. Die Sicht war allerdings gleich Null. Bald erkannte ich, dass ich nicht wie gedacht in Gwatt übernachtet hatte, sondern davor im Thuner Vorort Dürrenast. Das fügte drei Kilometer zu meinem Tagespensum hinzu. Durch ein Naturschutzgebiet mit wunderschönen alten Bäumen folgte ich zunächst dem Seeufer, eine bei besserem Wetter sicher sehr schöne Strecke.
In Gwatt entfernte sich der Jakobsweg vom Thuner See und führte steil hinauf zum Gwattegg. Kurz danach kam ein nasser glatter Abstieg, der unter der Autobahn A 6 hindurchführte. Und zur Abwechselung musste ich dann wieder den steilen Hang hinauf zum Gehöft Zwieselberg bewältigen. Erstaunt war ich darüber, dass ich so lange den Verkehrslärm von der Autobahn vernehmen konnte, selbst noch weit oberhalb am Bauernhof, der mitten im Nirgendwo lag.
Etwas gemütlicher lief ich weiter im rauschendem Regen durch Wald und Felder bis nach Amsoldingen, wo ich die romanische Kirche besuchte. Sie ist dem Hl. Mauritius geweiht und die größte ottonische Basilika der Region. Gebaut wurde sie um das Jahr 1000. Ein Vorgängerbau existierte schon im 8. Jahrhundert.
Quelle: Rother Wanderführer Jakobswege Schweiz.
Die andächtig friedliche Atmosphäre im Inneren des Gotteshauses wurde wunderbar verstärkt durch die Gruppe die dort gerade Kirchenlieder probte.
Als ich aus der Kirche trat, kam mir ein Pilger entgegen, den ich kurz begrüßte. Auf dem Weg nach Uebeschi hörte es auf zu regnen. Die Sonne brach für kurze Zeit durch die Wolken und ein zauberhaftes Licht enthüllte einzelne Berge.
Immer wieder wurde auf Schildern vor dem Verlassen der kleinen Straße gewarnt, weil es sich um ein Übungsgebiet der Schweizer Armee handelt. Tatsächlich hörte ich mehrmals Schusssalven !
Nachdem ich eine Bank trocken gewischt hatte, setzte ich mich hin und verspeiste meine Brotzeit. Es gab Roggenbrot, Luzerner Käse, Birne, Salami und zum Dessert Schweizer Schokolade. Nicht schlecht !
Nun kam der Pilger vorbei, den ich auf dem Kirchhof gesehen hatte. Er sprach Französisch, was meinen Beitrag zur Unterhaltung etwas schmälerte. Der junge Mann war im August von Konstanz bis Thun gepilgert. Gerade war er dort wieder gestartet und wollte nun bis Genf gehen. Mit einem „Buen Camino“ verabschiedeten wir uns. Diesen Pilger würde ich nicht wieder treffen. Er war wesentlich schneller unterwegs als ich .
In dem Moment als ich von der Bank aufstand und die wenigen Stufen zum Weg hinunterging, fiel mir erstmals auf, dass mein linkes Knie schmerzte. Exakt nach sechs Tagen Wandern hatte ich es wieder geschafft! Dieses Mal hatte ich während der gesamten Wanderung einen orthopädischen Schutz am linken Knie getragen und den steilsten Abstieg vom Brünigpass mit dem Bus zurückgelegt. Sollte das alles nichts genutzt haben ?
Nach einem weiteren Anstieg erreichte ich Uebeschi und dann auf Pfaden über Wiesen und Wälder Blumenstein. Dann gelangte ich durch ein Naturschutzgebiet nach Wattenwil. Unterwegs bewunderte ich immer wieder schöne Holzhäuser und begegnete reizenden Kuhherden.
In Wattenwil kehrte ich in einem Café ein. Ich war bereits länger als fünf Stunden unterwegs und und brauchte dringend eine Erholungspause. Auch meinen Koffeinspiegel musste ich unbedingt erhöhen. Zum Cappuccino bestellte ich mir ein Vermicelles Törtchen, das ich schon lange probieren wollte. Es handelt sich um ein klassisches Schweizer Dessert, das mit Maronenpüree, Vanillecreme und Mürbteig zubereitet wird. Das Gebäck war mir allerdings viel zu fett, obwohl mich das beim Wandern normalerweise nicht stört. Auch die leicht mehlige Maronenmasse überzeugte mich nicht.

Zur Kirche in Wattenwil ging es in Stufen hinauf. Nun merkte ich, dass mein Knie auch dabei schmerzte (!). Dann zog sich der Jakobsweg wieder einmal den Berg hinauf. Schwer atmend schleppte ich mich hinauf und verpasste bei der Gelegenheit die Abzweigung, was ich aber bald bemerkte und sodann leise fluchend zurückging.
Im Schloss Riggisberg hatte ich ein Pilgerzimmer gebucht. Als ich auf Burgistein zuging, sah ich ein Schloss auf einem Hügel, aber der Jakobsweg führte daran vorbei. Ich fragte bei einem Arbeiter in einer Werkstatt nach. Es handelte sich um das im Privatbesitz befindliche Schloss Burgistein.

Im nächsten Ort Weiher las ich auf dem Wegschild, dass die restliche Strecke noch eine dreiviertel Stunde betragen würde. Gleich daneben lag eine Bushaltestelle und der nächste Bus kam schon in 10 Minuten. Mein Entschluss war schnell gefasst und so fuhr ich in etwa fünf Minuten nach Riggisberg.
Das auf einem Hügel liegende Schloss war in Riggisberg nicht zu verfehlen. Von der Bushaltestelle war es nicht weit, aber mein Knie protestierte heftig, als ich die vielen Stufen hinauf stieg. Das Pilgerzimmer stellte sich als hell und freundlich eingerichtet mit hohen Altbaustuckdecken und Parkettboden heraus. An diesem Abend ging ich nicht mehr zum Essen ins Dorf, sondern aß die Reste meiner Brotzeit und ein paar Nüsse. Dazu gab es Tee und einen Apfel aus der Pensionsküche.
Fazit: 23 km, 7 Stunden (ohne Pausen) 380 m bergauf, 190 m bergab.
Die Seenlandschaft in der Innerschweiz lag hinter mir, aber nichts destotrotz führte der Jakobsweg immer noch durch eine herrliche Voralpenlandschaft. Leider war die Sicht nicht gut, daher entgingen mir manche Ausblicke z.B. zurück auf die Eisriesen der Berner Alpen und den Thuner See. Am Weg liegen schöne alte Holzhäuser und interessante Kirchen, besonders in Amsoldingen. Trotz insgesamt geringer Höhenunterschiede strengte mich das häufige Auf und Ab sehr an. Auch war mir die Strecke etwas zu lang, weil ich am Tag zuvor versehentlich drei Kilometer „eingespart“ hatte. Mit durchschnittlicher Fitness ist diese Etappe gut machbar.
Über euer Feedback freue ich mich immer sehr.