Auf dem französischen Jakobsweg #1

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Von Genf/Carouge nach Mont Sion am 25.7.2022
Meine Pilgerwanderung auf der Via Gebennensis, die von der französischen Grenze nach Le Puy führt, begann in der Gluthitze. Das Hotel verließ ich sehr früh, aber dann musste ich noch mit Tram und Bus nach Compesière fahren, dem letzten Ort in der Schweiz, der mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar ist, um die Wanderung dort zu beginnen, wo ich zuletzt auf der Via Jacobi aufgehört hatte. In der Kirche mit der wappen- und symbolgeschmückten Holzdecke, die ich schon im April besucht hatte, holte ich mir den ersten Pilgerstempel und hielt einen Moment inne. St. Jakob bat ich um Schutz und Beistand für die anstehende Tour. Als ich die Kirche verließ, schlug die Turmuhr 8:30 Uhr.

Hinter der unbewachten Grenze, die ich kurz danach überquerte, ging es durch die pralle Sonne. Gegen 9:30 Uhr herrschten schon wieder 30 Grad Celsius.

Über ein Strässchen führte der Camino zu einer Autobahnbrücke, aber vorher kam eine kleine Kuhherde angestürmt, von ganz hinten auf der Weide, so als ob sie mich in Frankreich begrüßen wollte. Tatsächlich gingen sie wohl eher zur Tränke, die direkt hinter dem Zaun lag.

Bald hatte ich Neydens erreicht, wo ich die Kirche besuchte und die Sehenswürdigkeiten fotografierte. Danach lief ich durch ein Wohngebiet und legte eine kleine Rast auf einem Campingplatz ein, vor dem eine interessante Pilgerstatue mit Friedenstaube stand. Im dortigen Laden erstand ich eine eiskalte Cola, aber zu essen gab es fast nichts. Schließlich entschied ich mich für eine trockene Körnersemmel. Für eine Einkehr im Restaurant des Campingplatzes war es mir noch zu früh.

Hinter Neydens begann der erste steile Aufstieg auf einer kleinen Straße. Nach kurzer Zeit hielt ein Auto neben mir und eine ältere Dame, die meine Jakobsmuschel am Rucksack gesehen hatte, lud mich zum Fest des Hl. Jakob ein, das am heutigen Tag, dem 25. Juli, in der Kapelle Notre-Dame de la Paix direkt am Weg stattfand. Praktischerweise nahm sie mich dorthin mit und so sparte ich mir ein gutes Stück des steilsten Aufstiegs. An der Kapelle traf ich Mitglieder der Amis de Saint-Jacques der Association Rhone-Alpes, also des Vereins der hiesigen Jakobswegfreunde, der den gelben Pilgerführer für die Via Gebennensis herausgibt und sich um die Beschilderung des Wegs kümmert. Es handelte sich um meist ältere Leute, die fast alle schon nach Santiago gepilgert waren, und mich sehr herzlich empfingen sowie mit Obst und Getränken versorgten.

Über meine Pilgerschaft durfte ich auf Französisch, Englisch und Deutsch berichten. Auf den Sitzplätzen vor der Kapelle wehte ein leichte Brise und im Schatten ließ es sich dort sehr gut aushalten. Der Ausblick auf das Genfer Becken und das Juragebirge war außerordentlich schön. Als einzige Pilgerin konnte ich die Einladung zum Gottesdienst, der bald darauf stattfinden sollte, nicht ausschlagen. Außerdem gab es danach Mittagessen, an dem ich auch teilnehmen sollte. Zur Feier der Messe kam der örtliche Priester, der aus Ruanda stammte und seinen ruandischen Freund, der Priester in Bonn war, mitgebracht hatte.

Nach der Messe mit stimmungsvollen Gesängen zum Jakobsweg gab es zuerst einen Apéro, also ein Getränk mit oder ohne Alkohol mit leckeren Knabbereien. Kurz danach verabschiedete ich mich, weil mir klar geworden war, dass sich das Essen noch stundenlang hinziehen würde. Dass ich weitergehen wollte, verstanden die sehr netten Leute und versorgten mich reichlich mit Wasser, Salami, Käse und köstlichen selbstgezogenen Tomaten. Zusammen mit meinen mitgebrachten Lebensmitteln ergab das später einen sehr guten Nachmittagssnack.

„Was für ein wunderschönes Erlebnis“, dachte ich, als ich weiterging, „aber auch sehr ungewöhnlich für meine Pilgerei. Normalerweise bin ich auf dem Camino den ganzen Tag alleine. Manchmal ist so einsam, dass ich mit Kühen rede. Das war eben das Gegenmodell. Alle wollten mit mir reden!“

Panoramafoto bitte anklicken!

Ich hatte eineinhalb Stunden pausiert und lief nun durch die Mittagshitze. Manchmal führte die Strecke durch den Wald aber meistens über Feldwege mit wenig Schatten. Mehrere schöne Weitblicke ins Rhonetal eröffneten sich, aber richtig genießen konnte ich das nicht. Es war einfach zu heiß.

In Beaumont hoffte ich auf einen Kaffee, das Cola gab mir nicht dringend notwendigen Koffeinschub. War leider Fehlanzeige, auch die Kirche hatte geschlossen. Die Beschilderung verriet mir, dass bis zu meinem Ziel Mont Sion noch 1,5 Stunden zu gehen waren, aber ich rechnete damit, dass es für mich länger dauern würde, weil ich mich sehr langsam fortbewegte. Ein Scherzbold hatte auf dem Schild vermerkt, dass man nach Santiago de Compostela noch 452 Stunden brauchen würde, aber das war sicherlich zu wenig für die restlichen 1850 km.

Bis zur Kartause von Pomier (ehemaliges Kloster, heute im Privatbesitz) führte die Strecke leicht bergauf aber wieder häufiger durch den Wald. Es ging mir mit kurzen Trinkpausen recht gut, aber beim letzten immer noch maßvollen Anstieg wurde es immer heißer. Die Temperatur betrug nun ca. 33 Grad im Schatten. Erstaunt war ich, als ich eine Kuhherde sah, die sich bei der Hitze eng aneinander kuschelte. Dann konnte ich auf einmal nicht mehr, ließ mich auf dem Boden nieder und ging nach einer Pause ganz langsam weiter.

Als ich oben war, dachte ich, ich wäre gleich da, aber bis zum nächsten Ort Blaise waren es noch zwei Kilometer und dann war ich immer noch nicht im Ortsteil Mont Sion angekommen. Ein Radfahrer, den ich nach dem Weg fragte, um mich nicht noch zu verlaufen, redete immer vom Weihnachtsmann. Ich glaubte, ihn nicht richtig verstanden zu haben, aber tatsächlich, das Hotel lag neben dem ganzjährig geöffneten Weihnachtsdorf.

Fazit:
17 km, 4 Stunden und 20 Minuten (ohne die vielen Pausen!), ca. 500 m Aufstieg, ca. 250 m Abstieg.
Abwechslungsreiche Strecke über Sträßchen, Feld- und Waldwege mit fantastischen Weitblicken, interessante Kirchen in Compèsieres, Neydens und (wahrscheinlich!) in Beaumont. Maßvolle Aufstiege und wenige Abstiege, die bei großer Hitze doch sehr anstrengend sein können. Zwischen Neydens und Mt. Sion keine Gastronomie und keine Einkaufsmöglichkeiten. Angeblich soll es in Jussy bei Beaumont eine Bäckerei geben, die ich aber nicht gesehen habe.

Über euer Feedback freue ich mich immer sehr.

Auf dem französischen Jakobsweg #1 erschien zuerst auf Wanderlustig.