Morgens beim ersten Blick aus dem Fenster bestätigten sich die Wetterprognosen. Wieder sah es äußerst trüb aus. Es handelte sich nicht um Hochnebel . Vorhergesagt war ein durchweg stark bewölkter Tag mit Regenchance. Wäre ja auch zu schön gewesen, wenn nach der gestrigen Wanderung in der Sonne ein weitere gefolgt wäre! Als wir beim Frühstück saßen, begann es leicht zu nieseln. Wir wollten aber unbedingt wandern und nicht schon wieder einen Ruhetag einlegen. Eifrig studierten wir Wanderführer und -karten sowie verschiedene Wetter-Apps. Tatsächlich wurde ein Nachlassen des Regens gegen Mittag angezeigt. Während wir den Tag entspannt mit einem weiteren Kaffee angehen ließen, entschieden wir uns für den Baiersbronner Erlebnispfad „Von Mönchen und Lehensbauern“ . Dieser Rundweg führte vom Kloster Reichenbach in einem weiten Bogen um den Ort Klosterreichenbach und versprach einen abwechselungsreichen Verlauf. Nur wenige Höhenmeter waren zu bewältigen, aber laut Höhenprofil ging es immer wieder einmal hinauf und hinunter, würde also nicht langweilig werden.
Unsere Tour starteten wir mittags am Kloster Reichenbach. Das Kloster wurde 1082 von Mönchen des Klosters Hirsau gegründet. Im Jahre 1085 wurde die Klosterkirche eingeweiht. Die Klosterkirche besteht im Wesentlichen aus einem romanischen einschiffigen und flachgedeckten Langhaus. Die Mauern der Vorhalle und die Untergeschosse der Türme datieren aus dem 11. Jahrhundert.
1603 wurde das Kloster Reichenbach reformiert und ein protestantischer Pfarrer eingesetzt. Im Dreißigjährigen Krieg wurde das Kloster erneut von Benedektinermönchen besiedelt. Diese mussten aber nach dem Westfälischen Frieden wieder abziehen. Heute befindet sich im Klostergebäude eine evangelische Kirche.
Quelle Wikipedia
Nach einer kurzen Kirchenbesichtigung begaben wir uns auf den Erlebnispfad. Zunächst liefen wir durch den Kurgarten und folgten ein Stück dem Reichenbach. Vorbei an der historischen Klosterquelle erreichten wir nach kurzem Aufstieg den ersten Aussichtspunkt, den Beckenberg. Die Aussicht über das Reichenbachtal und Klosterreichenbach wäre bei klarem Wetter sicherlich beeindruckender gewesen, aber immerhin: es regnete nicht! Außerdem trafen wir nur selten auf andere Wanderer, in Corona Zeiten definitiv ein Vorteil.
Schöne Perspektiven über das Murgtal boten uns dann zwei weitere Wegpunkte „Kirchweg“ und „Am Berg“, die sich auf derselben Höhe wie der Beckenberg befanden und die wir auf einem ebenen Pfad am Waldrand erreichten. Perfekt !
In der Nähe von Heselbach wendete sich das Blatt. Wir stiegen nun ins Tal hinunter. Auf der Strecke kamen wir an einer größeren Lamaherde vorbei. Einige Tiere kamen gleich angelaufen und beäugten uns neugierig. Mir fiel auf, dass auf ihrer Weide nur noch trockenes und niedriges Gras wuchs. Das brachte mich auf eine Idee. Ich rupfte etwas Gras aus, das am Wegrand wuchs, und bot es den Lamas an. Ein süßes weißes Tier (flauschig wie in der bekannten Matratzenwerbung im Fernsehen, aber nicht so sauber !) langte eifrig zu und wenn es ein Grasbüschel verspeist hatte, hob es den Kopf und schaute mich auffordernd an.





Nach diesem netten Intermezzo überquerten wir die Bundesstraße, die S-Bahn und die Murg. Der Erlebnispfad entfernte sich sofort wieder von diesen Verkehrwegen. Allerdings wartete nun ein weiteren Aufstieg auf uns. Der Ausschilderung folgend durchqueren wir das parkartige Gelände des Ailwaldhotels. Das Hotel sah richtig nobel aus, wirkte aber verlassen. Wir trafen keinen Menschen, worüber wir hinterher ganz froh waren, als wir beim Verlassen des Areals ein Schild mit der Aufschrift „Privatgelände – Betreten nur für Hotelgäste und -personal“ sahen. Wahrscheinlich war die Wegführung nicht auf dem neusten Stand oder das Verbot galt nicht für Wanderer (?).
Als Nächstes erreichten wir einen weiteren Aussichtspunkt, den Buckenberg, der uns eine schöne Sicht auf Klosterreichenbach und das Murgtal bot. Vorbei an Wiesen und Wäldern folgten wir dem Weg und trafen am Seidtenhof ein, der zu den ältesten Höfen im Murgtal gehört. Ein Schild informierte uns, dass die Gastronomie des Hofs im Jahr 2020 geschlossen hatte. Das war wirklich sehr schade, weil die Bauernstube und die historischen Gebäude schön rustikal und urig aussahen. Von der Terrasse bewunderten wir wenigstens den tollen Ausblick ins Murgtal. Außerdem konnte man sich aus einem Kühlschrank selbst bedienen. Hausgemachtes Eis und Getränke wurden angeboten, natürlich gegen ein Entgelt in eine Kasse. Obwohl es nicht gerade warm war, genehmigte ich mir einen kleinen Becher Himbeer-Bio-Eis. Sehr lecker ! Wenn ich wieder einmal in der Gegend bin und das Wetter schön warm ist, möchte ich auf dieser Terrasse einen köstlichen Eisbecher verspeisen. In aller Ruhe, die Aussicht genießend, und an Corona garnicht oder nur wie an ein Ereignis aus vergangener Zeit denkend …
Danach wanderten wir auf einem sanft abfallenden Weg hinunter zur Murg. Dem plätschernden Fluß folgend erreichten wir wieder unseren Ausgangspunkt.

9,5 km, 150 Höhenmeter
Fazit:
Eine sehr schöne, leichte Halbtageswanderung mit tollen Ausblicken, auf der es viel Neues zu entdecken gibt. Wird bei weiteren Aufenthalten in Baiersbronn wiederholt, wenn die Sonne lacht !
Einen gelungenen Abschluss dieser Wanderung bildete unser Besuch in einem nahen Café. Als wir dort ankamen, staunten wir über den fast vollbesetzten, großen Parkplatz. Am Eingang mussten wir zwar auf einen freien Platz warten, aber nach kurzer Zeit wurde uns ein Tisch zugewiesen. Bald entdeckten wir, warum es dort so voll war. Die Schwarzwälder Kirschtorte war ein Traum !
Im Nachhinein wundere ich über unsere Unbekümmertheit, die alle Gäste in dem großen Saal zu teilen schienen. Man fühlte sich auch in den Innenräumen der Gastronomie einigermaßen sicher, obwohl zu dieser Zeit (Ende September 2020) die Corona Infektionszahlen bereits am Steigen waren. Bei meinen ersten Coronaurlauben im Sommer war ich nur sehr selten drinnen eingekehrt. Im herbstlichen Schwarzwaldklima gab es meistens keine andere Möglichkeit. Wir dachten, dass schon nichts Schlimmes passieren werde, wenn die Gastwirte die Hygienemaßnahmen (Abstand und Desinfektion der Tische, maskentragende Servicekräfte) beachteten und die Gäste sich die Hände desinfizierten, ihre Kontaktdaten hinterließen sowie den Mund-Nasen-Schutz nur am Tisch absetzten. Angesteckt haben wir uns jedenfalls nicht, obwohl wir in diesem Urlaub oft mehrmals täglich Restaurants besuchten. Haben wir nur Glück gehabt ?