Auf dem Schweizer Jakobsweg /On the Swiss Camino #17

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Von Fribourg nach Payerne am 19.04.2022

Obwohl ich früh aufgewacht war, zog ich erst um 9:30 Uhr los. Trotz des sonnigen Frühlingswetters herrschten morgens nur knapp 6 ° C. Nachdem ich durch eine Unterführung am Bahnhof gelaufen war, ging es bergauf durch ein Wohnviertel und schon bald wurde mir warm. In den nächsten eineinhalb Stunden führte mich der Jakobsweg immer in die Nähe von Orten und Hauptverkehrsstraßen über asphaltierte und Betonplattenwege.

Ich hatte mich für die Variante nach Moudon über Payerne entschieden. Bis Payerne war der Weg im Pilgerführer als abwechselungsreich beschrieben. Für die Fortsetzung, die sehr lange und eher eintönig immer am Flussufer der Broye entlang führte, sollte Durchhaltevermögen gefragt sein. Ich wollte mich schonen und hatte mir diese Strecke ausgesucht, weil sie weitgehend eben verlief. Auf diese Etappe war ich sehr gespannt.

Nachdem ich ein großes Pilgerkreuz aus dem 18. Jahrhundert passiert hatte, fand ich den Abzweig nach Payerne. Kurz danach überquerte ich die Autobahn A 12, die für mich die Krönung der verkehrsreichen Wegführung an diesem Tag darstellte.

Aber danach lief ich lange auf weichem Untergrund durch den Wald. Unzählige Frühlingsblüten, vor allem Buschwindröschen und Schlüsselblumen, sah ich auf dem Waldboden. Weil die meisten Bäume noch kein Laub gebildet hatten, fiel helles Licht in den Wald. Andererseits gab es kaum Schatten, so dass es mir im Laufe der Zeit ziemlich warm wurde. Bald konnte ich mich über die erste Aussicht auf die schneebedeckten Berge freuen, wobei ich bis heute nicht weiß, um welches Gebiet es sich handelt (die Schweizer Berge bei Crans-Montana ?).

Leicht abfallend führte mich die Via Jacobi danach zu einem Bächlein. Auch dort bedeckten wunderschöne Blüten den Waldboden. Kurz nachdem ich begeistert blühende Zweige an einem Baum vor dem strahlend blauen Himmel fotografiert hatte, begann ein kurzer, aber äußerst steiler Aufstieg. An einem Punkt hatte ich sogar Angst, mit dem Rucksack nach hinten zu kippen. Danach befand ich mich auf einem schräg abschüssigen Pfad wieder und war sehr froh, dass der Untergrund trocken war. Quer über dem Weg lag ein umgestürzter Baum, wobei ich den Fortgang der Strecke nur daran erkannte, dass dahinter Stufen den Hang hinauf führten. Schwer atmend und mit zitternden Beinen erreichte ich schließlich die Höhe. Nun rief ich St. Jakob an und bat ihn um eine Bank. Und was kam bald darauf ? Einer von diesen opulent ausgestatteten Schweizer Rastplätzen im Wald mit Schutzhütte und Grillstelle. In der Tat: Camino provides !

Dort ließ ich mich nieder. Nach fast drei Stunden Rucksackwanderung war ich reif für eine Pause und eine ausgedehnte Brotzeit. Ich schälte das aus dem Hotel mitgenommene Osterei, aß die Reste meiner Verpflegung von der Zugfahrt und mein letztes Schokoladenei musste daran glauben. Dazu trank ich eine Menge Wasser. Alles war perfekt, nur der Kaffee fehlte!

Frisch gestärkt brach ich wieder auf. Zum nächsten Ort Noréaz ging es angenehm bergab durch den frischen grünen Wald und bald sah ich wieder ein herrliches Bergpanorama.

Der Ort präsentierte sich leider ohne Restaurants oder Cafés, aber am Ortsausgang kam ich an einem Haus mit einem großen Schild vorbei, auf dem Getränke und Kuchen angeboten wurden. Es sah nicht nach einem geöffneten Lokal aus, aber ich war kaffeedurstig genug, um an der Haustür zu klingeln.

Die Dame des Hause öffnete und antwortete mir, dass es keinen Kaffee gäbe, aber meine Wasserflasche, die ich in der Hand hielt, wollte sie mir füllen. Ich nahm dankend an und fragte, ob sich in der Nähe ein geöffnetes Café befinde. Das war nicht der Fall und so kochte mir Madame schließlich einen aromatisch starken Kaffee und wollte nicht einmal Geld annehmen. Wir unterhielten uns ein bisschen und sie berichtete, dass sie schon häufiger vorbeiziehende Pilger mit Kaffee verpflegt hatte. Richtig nett!

Vorbei an schönen Gärten mit frühlingshaften Blüten, ging es danach kurz steil hinab nach Moulin de Prez. Unten überquerte ich den Bach L’Arbogne, dem ich eine Weile folgte. Auf einem Felsen sah ich den Turm der Burgruine Montagny.

Ab Les Arbognes, einem Ort mit einem Sägewerk, wenigen Häusern und einem (wegen Ruhetag geschlossenen) Restaurant, lief ich auf der wenig befahrenen Straße. Der Verkehr nahm in Cousset zu, aber gleich am Ortseingang war eine Abzweigung auf dem Jakobsweg ausgeschildert. So zeigte es auch mein GPX-Track an. Ich wollte lieber dem Pilgerführer glauben und lief auf dem Bürgersteig durch den Ort. Auch hatte ich auf eine Einkehrmöglichkeit gehofft, aber da gab es wieder nichts. Das Bahnhofshotel hatte geöffnet, aber die Gaststätte war geschlossen. Am Ortsausgang führte die Umgehung zurück auf meine Strecke. Bald darauf sah ich schon den Turm der Wallfahrtskirche Notre-Dame de Tours. Nun schon etwas müde schleppte ich mich über die Stufen hinauf zu dem Gotteshaus. In der Kirche war es angenehm kühl, aber ein Pilgerstempel wurde nicht angeboten.

Über einen Wiesenpfad erreichte ich Corcelles, wo ich es wieder besser wusste und der stark befahrenen Hauptstraße folgte. Der Verkehr störte mich schließlich so sehr, so dass ich mit Hilfe des GPX-Tracks abzweigte und nach einer kleinen Steigung auf dem über einen Wiesenpfad verlaufenden Jakobsweg landete. Die letzten Kilometer zogen sich fürchterlich, aber schließlich kam ich doch in meiner Unterkunft am Bahnhof von Payerne an.

Fazit:
22 Km, 180 m Aufstieg, 320 Abstieg, 6,5 Stunden ohne Pausen
Sehr abwechselungsreiche Etappe, nachdem man Fribourg und Umgebung passiert hat, weitgehend naturnah, die Frühlingsvegetation im Wald gefiel mir ausgesprochen gut. Wenige Einkehrmöglichkeiten, daher besser Proviant und Wasser mitnehmen. Für mich persönlich eine lange Strecke, bei durchschnittlicher Fitness unproblematisch.

Auf dem Weg zum Abendessen spazierte ich zu den beiden Kirchen auf dem Gelände der Abtei von Payerne. Das Kloster gehörte im Jahr 962 zu den ersten Tochterklöstern von Cluny. Schließlich mussten die Mönche das Kloster im Jahr 1536 während der Reformation verlassen. Teile des Konventsgebäudes wurden abgerissen oder umgewidmet. 1926 wurde der Komplex sorgfältig restauriert.
Quelle: Rother Pilgerführer, Jakobswege Schweiz

Einen wunderschönen Blick auf die Kirchen hatte ich vom Fenster meines Hotelzimmers. Allerdings schlugen die Kirchturmuhren die ganze Nacht lang jeweils zur vollen Stunde, erst die eine und dann die andere!

Auf euer Feedback freue ich mich immer sehr.

Auf dem Schweizer Jakobsweg /On the Swiss Camino #16

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Einführung

Im letzten Sommer und Herbst pilgerte ich 280 km mit dem Rucksack auf dem Schweizer Jakobsweg von Konstanz/Kreuzlingen bis nach Fribourg (s. meine Posts, beginnend mit Auf dem Schweizer Jakobsweg/On the Swiss Camino #1). Unterwegs durfte ich traumhafte Landschaftsbilder sehen, aber das Wandern strengte mich auch an. Obwohl ich mein linkes Knie soweit wie möglich schonte, kam ich humpelnd in Fribourg an.
Zu Hause ging es mir bald wieder gut. Mein Orthopäde meinte, dass beide Menikusseiten angerissen seien und ich bei Fernwanderungen wieder mit Schmerzen rechnen müsse, vor allem solle ich das Bergabgehen vermeiden.

Das Pilgern auf der Via Jacobi, dem Schweizer Camino, wollte ich aber gerne beenden. Der Jakobsweg, der von Fribourg nach Genf und dann noch ein kurzes Stück zur französischen Grenze führt, ist zwar noch rund 150 km lang, überwindet aber keine großen Höhenunterschiede mehr. Hinter Fribourg hatte ich mir eine flachere Variante ausgesucht und kurz danach verläuft der Weg weitgehend eben am Genfer See entlang.

Anreise

Am 18. April 2022, dem Ostermontag, nahm ich den Zug um 6:48 Uhr von München nach Zürich. Meine Umsteigezeit in Zürich betrug nur fünf Minuten und ich war gespannt, ob SBB, die Schweizer Bahn, das hinbekommen würde. Als Alternative hatte ich mir eine Bahn ausgesucht, die eine Stunde später nach Fribourg fuhr. Ab der Schweizer Grenze war die Maskenpflicht im Zug, wie alle Schweizer Coronamaßnahmen aufgehoben, aber die meisten Reisenden, wohl hauptsächlich Touristen, schützten sich weiterhin.

In Zürich kamen wir zehn Minuten später an und die nächste Verbindung war gestrichen worden. Ich entschied mich für den gerade abfahrenden Zug nach Bern, das ging wenigstens in die richtige Richtung. Die freundliche und fixe Schaffnerin riet mir, mit der S-Bahn nach Fribourg zu fahren und wies mich darauf hin, dass ich mich beeilen und auf dem Gleis bis ganz nach vorne gehen musste. Alles klappte und ich kam gegen 13 Uhr, nur eine Stunde später als vorgesehen, am Zielort an.

Von St. Antoni nach Fribourg

Als ich ausstieg und durch den Bahnhof nach draußen ging, fiel mir auf, dass ich als eine der Wenigen eine Maske trug. Fribourg empfing mich mit sonnigem Frühlingswetter und kaltem Wind. Nichtsdestotrotz saßen die Leute, oft in Sommerkleidung, auf den Caféterrassen. Nach dem Einchecken im Hotel zog ich gleich meine Wanderschuhe an und packte Wasser und Snacks in meine leichte Umhängetasche. Im letzten Herbst hatte ich es nämlich nicht bis Fribourg geschafft, sondern in St. Antoni den Bus genommen (Auf dem Schweizer Jakobsweg/On the Swiss Camino #15). Die ausgelassene Strecke wollte ich nun nachholen.

Mit dem Bus fuhr ich in 20 Minuten bis St. Antoni Dorf. Schon von weitem sah ich die reformierte Kirche, an der ich den Camino im Oktober beendet hatte.

An der katholischen Kirche setzte ich den Weg fort. Wieder auf dem Camino zu pilgern, war ein unglaubliches Gefühl. In der Kirche holte ich mir den ersten Pilgerstempel und setzte mich einen Moment lang auf eine Bank. Den Hl. Jakob bat ich darum, mich zu beschützen und mir zu helfen, dass ich den Weg wie geplant gehen konnte. Als Beten würde ich das nicht bezeichnen oder war es das etwa doch?

Der Weg führte dann angenehm bergab in ein Tal , an der kleinen Sebastianskapelle vorbei und weiter über eine Wiese zu einer Marien-Andachtsstätte, wo ich eine kurze Trinkpause einlegte. Im Windschatten fand ich es ziemlich heiß und hatte auch noch, wohl doch etwas müde, Sonnenhut und -creme vergessen.

An der Straße entlang erreichte ich Tafers. Neben der Kirche befindet sich die Jakobskapelle aus dem 18. Jahrhundert und auf der Fassade ist die Legende vom Hühner- und Galgenwunder dargestellt. Auch das Innere der Kapelle gefiel mir sehr.

Die weitere Strecke bot, von einem Ausblick auf die schneebedeckten Berge abgesehen, nicht viel Sehenswertes.

Über Feld- und Wiesenwege näherte ich mich Fribourg und befand mich schließlich in der Vorstadt. An einem großen Kreisel am Ortseingang fand ich die Wegbeschilderung nicht und folgte dann der Strecke, die ich mit dem Bus zurückgelegt hatte. So verpasste ich die Ankunft durch die historische Unterstadt, was ich sehr schade fand. Als ich auf der Brücke stand und auf die Gegend hinabschaute, reichte meine Energie jedoch nicht um zurück zu gehen. Die Ecke kannte ich außerdem schon von meinem Aufenthalt in der Stadt (Nach dem Schweizer Jakobsweg/After the Swiss Camino Fribourg). So freute ich mich über das schöne Nachmittagslicht und lichtete den wunderbaren Ausblick mehrmals ab.

Abschließend schlappte ich, nun schon etwas erschöpft, zur Kathedrale St. Nicolas in der Oberstadt. Im Inneren hielten sich viele Besucher auf, so dass ich lieber Maske trug, was ich direkt nach der Wanderung aber sehr heiß fand. Schnell holte ich mir noch einen neuen Pilgerstempel und ging dann zu meiner Unterkunft in der Fußgängerzone.

Fazit:
10 km, kaum Aufstieg und ca. 130 m Abstieg, 3 Stunden
Die Kapelle in Tafers ist sehr sehenswert, ansonsten begeisterte mich diese Etappe nicht. Wenn man die längere Strecke von Schwarzenburg nach Fribourg geht, wie ich es im Oktober geplant hatte, ist die Wanderung insgesamt abwechselungsreicher. Für mich lohnte sich dieser Abschnitt vor allem als kurzer Wiedereinstieg in den Camino ohne Rucksack.

Nach dem Abendessen unternahm ich noch einen kleinen Spaziergang durch die Altstadt und freute mich über das Stadtpanorama im Abendlicht.

Über euer Feedback freue ich mich immer sehr.

Nach Genf geschafft! Made it to Geneva!

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Wer hätte das gedacht ? Bei durchwachsenem Wetter habe ich es, weitgehend heil, auf dem Schweizer Jakobsweg bis nach Genf geschafft. Sogar mein Knie hat durchgehalten. Zum Ausgleich meinte meine kleine, die leichte, Panasonic Kamera, dass es nun genug sei mit der ständigen Knipserei und begann ihrerseits Probleme zu machen.

Näheres dazu, aber natürlich vor allem zu meiner Pilgerwanderung, werde ich berichten.

Heute zeige ich nur einige allererste Impressionen aus Genf. Wundert euch nicht, dass ich das Wahrzeichen der Stadt, die riesige Wasserfontäne Jet d’Eau nicht fotografiert habe. Leider sprudelte diese Attraktion heute nicht, was sich aber hoffentlich bald ändert.

Panorama ohne Wahrzeichen

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Camino Doors

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Walking the Swiss Camino in August and October 2021 I definitely saw many beautiful doors. But I only took some photos. When I continue my pilgrimage next spring or summer this won’t happen again. Being a regular now at the fun challenge Thursday Doors by Dan Antian I will watch out for doors on the Camino.
Thank you very much Dan, for hosting!

The last photo was taken in Lucerne. On the station square stands a part of the portal of the station building, which burned down in 1971, and was placed like a triumphal arch to commemorate the old edifice, which was not rebuilt.

On the Schwabenweg near Rapperswil
Hermitage of Saint Brother Klaus in the Ranft Gorge/Klause des Heiligen Bruder Klaus
Ranftschlucht
Pilgrim’s Hostel/ Pilgerherberge Brienzwiler
B & B Castle/Schloss Riggisberg
Station Lucerne
Bahnhof Luzern

Always looking forward to your feedback.

https://slfinnell1965.files.wordpress.com/2022/01/2022-thursday-doors-badge.jpeg

Nach dem Schweizer Jakobsweg/ After the Swiss Camino: Fribourg

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Nach neun Tagen Pilgerwanderung auf der Via Jacobi im Oktober 2021 verbrachte ich noch einen Tag in Fribourg, bevor ich nach Hause fuhr.

Morgens frühstückte ich recht gemütlich. Zuerst aß ich meinen restlichen Wanderproviant und trank dazu einen köstlichen Nespresso aus der Maschine im Hotelzimmer. Dann ging ich zum nahen Bahnhof, um mein Ticket für die Heimatfahrt zu kaufen. Online hatte ich es auch versucht, der Bezahlvorgang stellte sich aber als kompliziert heraus, so dass ich den Spaziergang durch die Fußgängerzone vorzog.

Danach gönnte ich mir ein kleines 2. Frühstück in einem Kaufhaus. Es gab frischen Orangensaft, ein Mini Bircher Müsli und ein kleines Croissant zum Cappuccino. Das mundete ganz köstlich und war für Schweizer Verhältnisse nicht einmal teuer

Und dann schlappte ich durch Fribourg. Mein Knie war nicht besser geworden und jeder Schritt über eine kleine Stufe war schmerzhaft. Und davon gab es reichlich in der hügeligen Altstadt! Ich hatte einen Wanderstock mitgenommen, um mich darauf zu stützen und fühlte mich mindestens zehn Jahre älter. Das trübte meine Stimmung und das graue kalte Wetter tat ein Übriges.

Meine Unterkunft befand sich im Burgquartier von Fribourg, das im Jahr 1157 durch Herzog Berthold von Zähringen an strategischer Lage auf einem Felsvorsprung über der Saane gegründet wurde. Als Nächstes wollte ich die Unterstadt besuchen, das historische Neustadtquartier, das im 13. Jahrhundert ebenfalls durch den Herzog geschaffen wurde. Im 18. Jahrhundert lebte die Oberschicht der Stadt rund um die Kathedrale und in der Reichengasse (Grand-Rue), während sich die Unterschicht in der Unterstadt, insbesondere in der Neustadt, ansiedelte. Der Bau der Standseilbahn “ Funiculaire“ im Jahr 1899 erleichterte den Zugang zum kommerziellen und industriellen Stadtgebiet, dem Burgquartier.
Quellen: Fribourg Tourisme und Wikipedia

Zunächst irrte ich auf der Suche nach dem Zugang zur Neustadt umher. Das Viertel sah ich schließlich von einer hohen Brücke über den Fluss Saane. Es lag tief unten und sehr viele Stufen führten direkt dort hin. Das kam für mich aber nicht in Frage.

Also suchte ich die Funiculaire, um damit bequem nach unten zu fahren. Einen Passanten sprach ich an und fragte nach der Station. Seiner Beschreibung folgend humpelte ich immer weiter eine steile Straße mit zahlreichen Treppen hinunter. Dabei wurde ich immer wieder von Gruppen junger Leute überholt, die mit Zetteln in der Hand nach unten rannten. Offensichtlich handelte es sich um eine Art Schulprojekt, bei dem sie eine bestimmte Route so schnell wie möglich zurücklegen mussten. Es schien aber so, als ob alle Oberstufenschüler der Stadt daran beteiligt waren. Schließlich musste ich feststellen, dass ich von der Oberstadt zur Talstation in der Unterstadt geschickt worden war. Vielleicht lag es an meinem etwas eingerosteten Französisch. Eigentlich verstand ich die französichsprechenden Schweizer sehr gut, weil sie nicht so schnell sprachen wie z.B. die Pariser. Aber das musste ja nicht auf Gegenseitigkeit beruhen!

In der Unterstadt stolperte ich ein bisschen auf den zentralen Plätzen Planche-Supérieure (Obere Matte) bis zur Planche-Inférieure (Untere Matte) umher, die sich wohl wegen des kalten Wetters und dem auf Corona zurückführenden Touristenmangel als gänzlich verlassen präsentierten. Ich überlegte, ob ich ins Hotel zurück gehen sollte, um mich auszuruhen.

Beim Zurückgehen durch die Unterstadt entdeckte ich in ein gut besuchtes Restaurant und beschloss spontan, auch einmal Mittagessen zu gehen. Im gemütlichen Innenraum des Alstadtgebäudes bestellte ich ein Menue mit einem gemischten Salat und einer Wirsingroulade, die mit einer Schweinefleischfarce gefüllt war. Dazu gab es Pilavreis. Das leckere Essen weckte meine Lebensgeister wieder.

Danach stromerte ich noch durch das ebenfalls in der Unterstadt gelegene Auviertel, spazierte über mehrere Brücken und an der Saane entlang. Nun schien sogar ein bisschen die Sonne und gleich sah alles viel schöner aus. Die idyllischen Uferpromenade mit Ausblick auf die imposanten Kalksteinfelsen gefiel mir sehr gut. Allerdings war es für mich unmöglich, den steilen Hügel zu erklimmen. Auch der Rundgang auf der historischen Stadtmauer mit den Türmen hätte ich mich interessiert. Möglicherweise kann ich alles nachholen, wenn ich den Schweizer Jakobsweg im nächsten Frühjahr in Fribourg fortsetze. Wenn alles gut geht …

Dann überquerte ich die Saane auf einer gedeckten Holzbrücke und spazierte noch etwas am anderen Flussufer entlang. Bald danach stand ich vor einer sehr hohen Brücke mit unendlich vielen Stufen, dem Zugang zur Oberstadt.

Mit dem Bus fuhr ich zunächst auf der Route zurück, die ich in der Unterstadt zu Fuß zurück gelegt hatte. Verrückterweise entdeckte ich die in der Schweiz lebende Portugiesin, mit der ich mich in Stans unterhalten hatte, am Straßenrand im Auviertel. Als ich ihr erzählte hatte, dass ich bis Fribourg laufen wollte, hatte sie sehr von der Stadt geschwärmt und mir den Besuch wärmstens empfohlen. Sie wohnte nicht dort, besuchte Fribourg nur von Zeit zu Zeit, daher wunderte ich mich doch sehr. Ich klopfte an die Scheibe und winkte, aber sie bemerkte es nicht.

Nach einer ausgiebigen Ruhepause im Hotel ging es zunächst zum Kafeetrinken in der Nähe der Kathedrale. Im Café bestellte ich einen großen Cappuccino und ein schmackhaftes Apfel-Zimt-Törtchen. Ich plauderte noch ein bisschen mit der Besitzerin, die sogar Deutsch mit mir sprach, besuchte Kirchen in der Nähe und spazierte in der Abendsonne durch den Park des Kunstmuseums und dann zurück ins Hotel.

Am nächsten Morgen ging ich zum Frühstücken ins Café und dann zum Abschied noch einmal in die St. Nikolauskathedrale, die im stimmungsvollen Halbdunkel lag und in der ich zunächst ganz alleine saß.

Noch einmal dachte ich an meine Pilgerwanderung zurück. Von Konstanz nach Fribourg hatte ich im August und nun im Oktober insgesamt fast 280 km an 15 Tagen zurückgelegt. Großartige Landschaftspanoramen hatte ich genießen dürfen, ohne Bergtouren unternehmen zu müssen. Andererseits hatte mich das häufige Auf und Ab auf der Via Jacobi, dem Schweizer Jakobsweg, oft sehr angestrengt, meiner Meinung nach viel mehr als vor zwei Jahren auf dem Münchner Jakobsweg nach Lindau. Von den Kniebeschwerden mal ganz abgesehen …

Sehr gut hatten mir auch die wunderschönen historischen Kapellen, die sorgfältig restaurierten Fachwerkhäuser am Wegesrand und die hübschen Gassen in den Altstädten gefallen. Andere Pilger hatte ich in der Schweiz nur ab und zu getroffen. Einerseits freute ich mich immer über den kurzen Austausch über Erfahrungen auf dem Camino, aber andererseits wandere ich sehr gerne alleine. Abends hätte ich manchmal gerne ein Gespräch unter Pilgern geführt. Aus persönlichen Gründen kann ich nicht in den Mehrbettzimmern von Pilgerherbergen übernachten, so dass sich dazu leider keine Gelegenheit ergeben hatte.

Sehr wohltuend war, dass ich mich den ganzen Tag an der frischen Luft bewegen konnte, ohne Corona Regeln beachten zu müssen. In sämtlichen Innenräumen wurde dagegen genau auf die Maskenpflicht geachtet und in jeder Unterkunft und allen Restaurants galt damals 3G, was genau kontrolliert wurde. Mein Impfnachweis wurde jedes Mal eingescannt und ich musste den Ausweis vorzeigen. Das machte mir nichts aus, im Gegenteil dadurch fühlte ich mich sicherer.

Insgesamt war das Pilgern auf dem Schweizer Camino ein außergewöhnlich schönes Erlebnis. Ich hoffe daher, dass ich den Weg im nächsten Frühjahr über Lausanne und Genf bis zur französichen Grenze fortsetzen kann. Und danach: mal sehen …

Nach einer Zugfahrt von sechs Stunden kam ich pünktlich und einigermaßen wohlbehalten wieder in München an.

Meine Erlebnisse auf der Via Jacobi könnt ihr, wenn ihr mögt, in 15 Posts nachlesen (von hier bis dort).

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Auf dem Schweizer Jakobsweg /On the Swiss Camino #10

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Von Lungern nach Oberried

Früh morgens, als ich die Kirche von Lungern besuche, war es kalt und schattig. Die imposante neugotische Herz-Jesu Kirche soll der Basilika in Lourdes ähneln. Erstere wurde Ende des 19. Jahrhunderts auf einem Hügel erbaut, nachdem der Vorgängerbau durch ein starkes Gewitter mit Felssturz zerstört wurde. In der Kirche war es so düster, dass ich den Pilgerstempel regelrecht ertasten musste. Aber der Ausblick vom Kirchenvorplatz war wunderschön. Während der See noch im tiefen Schatten lag, leuchteten die Bergspitzen schon in der Morgensonne. Das wurde schon wieder ein schöner Tag. Ich konnte mein Wetterglück kaum fassen!

Aber nun wurde es Zeit aufzubrechen. Schnell ging ich zurück zum Gästehaus, packte meinen Rucksack und begann mit der Wanderung. Die bevorstehende Etappe sollte über den Brünigpass (1008 m) an den Brienzer See zu meinem Tagesziel Oberried führen, wo ich einen Ruhetag einlegen wollte.

Vor dem Aufstieg auf den Pass fürchtete ich mich nicht. Meine Pilgerwanderungen auf das Hörnli und das Haggenegg hatten mir gezeigt, dass ich selbst längere Anstiege schaffen konnte, wenn ich langsam ging. Und von Lungern auf den Brünigpass musste ich nur noch ca. 300 Höhenmeter zurücklegen. Sorge bereitete mir aber die Strecke vom Pass mit einem Abstieg von ebenfalls 300 Hm nach Brienzwiler, die der Pilgerführer als teilweise steil beschrieb. Mein Orthopäde hatte mir geraten, längeres Bergabgehen zu vermeiden und daran wollte ich mich halten. Auf starke Knieschmerzen wie nach dem Camino im August konnte ich verzichten.

Natürlich hatte ich schon nach Möglickeiten gesucht, die Strecke mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurückzulegen. Es gab sogar eine Bahnstation in der Nähe der Passhöhe (einfach toll diese Schweiz!). Allerdings bog der Zug nach Meiringen ab, das nicht in meiner Richtung lag. Konnte ich dort umsteigen oder musste ich zehn zusätzliche Kilometer laufen, um zurück zum Jakobsweg zu gelangen ? Ich beschloss, die Entscheidung zu vertagen, bis ich auf dem Brünigpass angekommen war.

Hinter einer Fabrik ging es hinauf in den Wald. Auf dem steinigen Pfad war ich alleine unterwegs. Der alte Brünig-Saumweg weist eine Steintreppe und eine teilweise erhaltene Hohlwegstruktur mit alten Pflastersteine auf. Angeblich sollen dort schon die alten Römer unterwegs gewesen sein, auf jeden Fall diente der Weg, nicht nur den Jakobspilgern, seit Jahrhunderten als Übergang zwischen dem Kanton Obwalden und dem Berner Oberland.

Im Schatten lief es sich recht angenehm. Allerdings musste man gut aufpassen, dass man auf den vom Morgentau feuchten Steinen nicht ausrutschte. Neben der Strecke befand sich auch ein Kreuzweg. Einmal als ich zu schnell gegangen war, blieb ich schwer atmend stehen. Fühlte mich dem Hergott (allerdings nur in körperlicher Hinsicht) nahe, konnte aber nach einer kurzen Trinkpause weitergehen.

Schließlich kam ich in ein schönes Hochtal. Endlich Sonne ! Dem Pilgerführer habe ich es zu verdanken, dass ich dort die Abzweigung nach rechts über die Wiesen nicht verpasste. Das Schild war ziemlich zugewachsen und leicht geblendet vom Gegenlicht hätte ich es fast übersehen.

Am Ende der Wiese, bevor es wieder in den schattigen Wald ging, legte ich eine Erholungs- und Snackpause ein.

Nach der kurzen Passage durch den Wald mündete der Camino direkt auf die Brünigpassstraße. Ein deutlich markierter breiter Fußgängerweg verlief neben dem stetig fließenden Verkehr. Normalerweise hätte ich diese kurze Strecke so schnell wie möglich zurückgelegt, aber ausgerechnet an dieser Stelle überholte mich ein Mann, der mich fragte, ob ich auf dem Jakobsweg pilgerte.

Wir rückten soweit wie möglich an den Straßenrand, während er mir von seiner Pilgerwanderung von seinem Heimatort Giswil nach Santiago erzählte, die er mit Mitte 40 zurückgelegt hatte. Er wollte sich das Rauchen abgewöhnen und war einfach losgelaufen. Dem Camino war er erst ab Genf gefolgt. Am Anfang hatte er alles falsch gemacht, war z.B. mit einem viel zu schweren Rucksack gewandert (an dieser Stelle warf er einen kritischen Blick auf mein Gepäck), aber im Laufe der Zeit brauchte er immer weniger. Er wurde fitter und konnte längere Strecken laufen. Zum Schluss in Spanien sei er „geflogen“, bis zu 80 km pro Tag (??). Sein Gottvertrauen habe stetig zugenommen. Für alle Probleme fand sich eine Lösung, z.B. immer eine Übernachtungsmöglichkeit, obwohl er nie etwas vorgebucht hatte.

Der Expilger trank noch einen Kaffee mit mir, als ich zum Suppenessen im Gasthaus hinter der Passhöhe einkehrte. Ich erzählte ihm, dass ich den Abstieg nach Brienzwiler meiden wollte. Er hielt die Bahnfahrt nach Meiringen auch nicht für sinnvoll, beratschlagte sich mit der Kellnerin und riet mir dann, den Bus nach Brienzwiler zu nehmen, der am Bahnhof Brünig abfuhr. Ich bedankte mich herzlich für den guten Tipp, als wir uns verabschiedeten.

Nach dem Essen mit Blick auf das schöne Bergpanorama, das ich mir allerdings großartiger vorgestellt hatte, ging ich zum nahegelegenen Bahnhof zurück und fuhr nach wenigen Minuten mit dem Bus nach Brienzwiler. Wunderbar, ich hatte mir einen anstrengenden Abstieg und eine Wanderung von 1,5 Stunden gespart. Da hatte ich mir eine Menge Caminotalk angehört, der auf mich nicht zutraf, weil ich viel älter als Vierzig war. Aber das mit dem Gottvertrauen, oder in meinem Fall eher Urvertrauen, würde ich mir merken. Den Jakobsweg zu planen ist wichtig, aber Probleme lösen sich oft vor Ort. „Camino provides!“

Vorbei an schönen Holzhäusern setzte ich den Weg nach Brienz fort. Die Strecke verlief eben oder angenehm bergab und immer wieder zeigten sich herrliche Landschaftseindrücke. Schon von weitem konnte ich die grün-blaue Wasserfläche des Brienzer Sees sehen.

Panoramafoto bitte anklicken !

In Brienz ging es an der herrlichen Seepromenade mit wunderschönen Ausblicken entlang. Schöne alte Holzhäuser gab es und viele Cafes, von denen ich natürlich eines aufsuchte.

Wenn ich den Pilgerführer richtig studiert hätte, wäre mir aufgegangen, dass mir noch eine mehrstündige Wanderung mit Höhenunterschieden von mehr als 250 Metern bevorstand. Der Weg nach Oberried verlief nämlich nicht am Ufer, sondern eigentlich schöner und ruhiger auf dem Panoramaweg in der Höhe. Prächtige Panoramen gab es in der Tat einige zu sehen, auch wenn im dichten Wald mancher Ausblick zugewachsen war, aber es ging stetig bergauf. Auch wenn die Steigung nicht dramatisch war, zog sie sich endlos lange. Nach einer Hängebrücke, die den Unterweidligraben quert und die bei jedem Schritt laut quieschte, sollte der Camino sanft bergab nach Oberried führen. Möglicherweise hatte ich die falsche Abzweigung genommen. Auf einem sehr steilen und schotterigen Stück, das glücklicherweise nicht lang war, musste ich zu guter Letzt noch meine Wanderstöcke auspacken.

Schließlich kam ich, wie immer ziemlich geschafft, aber voller wunderschöner Landschaftseindrücke in Oberried an, wo ich zwei Nächte bleiben würde. Über den Ausflug nach Interlaken an meinem Ruhetag werde ich im nächsten Beitrag über die folgende Etappe nach Merligen berichten.

Fazit:
18 km, 660 m Aufstieg, 550 m Abstieg, 5,45 Stunden reine Wanderzeit.

Sehr schöne, mittelschwere Etappe. Zunächst auf dem stimmungsvollen Brünig Saumpfad, langer aber gut machbarer Aufstieg durch den Wald, ab Brienzwiler traumhaft schöne Landschaftspanoramen, besonders am Brienzer See. Die letzte Strecke über den Panoramaweg nach Oberried ist nicht schwierig aber länger als gedacht. Zur Belohnung gibt es mehrere sehr schöne Ausblicke über den türkisfarbenen See und in die Berge.
Wenn man die gesamte Strecke geht, ist die mit 7 Stunden angesetzte Wanderung als schwer einzustufen. Am von mir ausgelassenen Aussichtspunkt Tschuggen (auf 1043 Meter) dürfte es einen fantastistischen Ausblick in die Bergwelt geben.

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Auf dem Schweizer Jakobsweg /On the Swiss Camino# 1

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Im Sommer 2019 war ich auf dem Münchner Jakobsweg ( siehe z.B. hier) gestartet. Der Weg führt von München nach Lindau am Bodensee. Lindau erreichte ich im Oktober 2019 nach Wanderungen mehrerer Teilstrecken. Den Camino wollte ich im Jahr 2020 in der Schweiz fortsetzen. Aber dazu kam es nicht, natürlich wegen Corona! Wie berichtet wollte ich, nachdem ich vollständig geimpft war, auf einem Schweizer Jakobsweg weiter Richtung Santiago pilgern.

Die „Via Jacobi“, der Jakobsweg in der Schweiz, führt vom Bodensee zum Genfer See und dann bis zur französischen Grenze. Es gibt aber nicht nur den einen Weg, sondern mehrere Varianten.

Der bedeutende Wallfahrtsort Einsiedeln bildet seit jeher einen ersten großen Treff- und Versammlungsort der Pilger. Der Ort kann auf drei Routen erreicht werden. Ich entschied mich für den Schwabenweg, der von Konstanz nach Einsiedeln führt. Zweigleisig führt der Camino auch ab dem Vierwaldstättersee weiter. Dort wählte ich die Variante über Luzern, weil ich diese Stadt schon seit längerem besuchen wollte. Ab Fribourg bestehen erneut zwei Möglichkeiten, so weit wollte ich aber dieses Mal nicht pilgern.

Die Wetteraussichten für meine Tour waren sehr bescheiden, immerhin sollte es nicht die ganze Zeit regnen. Mir brannten aber die steigenden Coronazahlen in der Schweiz auf den Nägeln. Die 7-Tage-Inzidenz betrug dort Anfang August schon über 70. Mein Vorhaben wollte nicht schon wieder verschieben müssen.

Also begab ich am 04.08.21 auf eine (abenteuerliche) Reise mit dem Zug nach Konstanz. Gebucht hatte ich eine Schnellzugverbindung bis St. Gallen in der Schweiz, wo ich in den Regionalzug nach Konstanz umsteigen wollte. Schließlich erreichte ich mein Ziel zur vorgesehenen Zeit um kurz vor 11:00 Uhr, aber das grenzte an ein Wunder.

Im Allgäu hatte ein Erdrutsch die Bahnstrecke verschüttet. Daher stiegen wir in Memmingen in einen Ersatzbus, der uns nach Bregenz (Österreich) brachte. Dort sollte der Ersatzzug nach Zürich stehen. Sinnigerweise war dieser bereits abgefahren, als wir dort ankamen. Mit Hilfe einer sehr hilfsbereiten Schweizerin orientierten wir uns schnell neu und fuhren mit einer S-Bahn nach St. Margarethen. Dort wartete bereits ein Zug nach St. Gallen, den wir gerade noch erreichten. In St. Gallen stieg ich dann in den Regionalzug, mit dem ich ohnehin hatte fahren wollen. Bemerkenswert fand ich, dass bei diesen mehrfachen Grenzübertritten nach Österreich, in die Schweiz und wieder zurück nach Deutschland keinerlei Pass- oder Impfzertifikatskontrollen stattfanden.

Von Konstanz nach Märstetten

In Konstanz schlenderte ich durch die Altstadt und ging zum Münster, dem Startpunkt des Schwabenweges.

Die Kirche geht auf die Anfangszeit des Bischofssitzes um das Jahr 600 n. Chr. zurück und wurde im Jahr 780 erstmals urkundlich erwähnt. Das Münster war für gut zwölf Jahrhunderte die Kathedrale der Bischöfe von Konstanz und diente als Sitzungssaal des Konzils von Konstanz (1414–1418)… Es ist eine der größten romanischen Kirchen Südwestdeutschlands, eine dreischiffige Säulenbasilika mit kreuzförmigem Grundriss, … Im Innenraum überlagern sich die Ausstattungsepochen des Barock, des Klassizismus und der Neugotik. Besonderes Pilgerziel am Schwabenweg (Jakobsweg) ist die romanische Mauritiusrotunde.
Quelle Wikipedia

Nachdem ich mir den ersten Stempel für den Pilgerpass geholt und den Hl. St. Jakobus in der Mauritiusrotunde angeschaut hatte, begann ich meine Pilgerwanderung an den ersten Jakobsweg-Wegweisern. Nach einer kurzen Strecke durch die Fußgängerzone ging ich durch das Schnetztor, wo die Altstadt endete. Nach 20 Minuten überquerte ich, wieder ohne Kontrolle, die Schweizer Grenze und erreichte den Ort Kreuzlingen.

In Kreuzlingen wollte ich mir eine Schweizer SIM-Karte besorgen. Der Umweg zur Kreuzlinger Hauptstraße war mir zu weit, so dass ich auf dem durch die Stadt führenden Jakobsweg Ausschau nach einem entsprechenden Geschäft hielt. Nachdem ich mehrere Passanten angesprochen hatte, landete ich schließlich in einem Asia Laden. Dort kaufte ich die einzig angebotene und recht günstige Prepaid Karte eines mir unbekannten Anbieters. Die Servicekraft installierte die Karte und als ich eine Bestätigungs-SMS des Netzwerks erhielt, zog ich zufrieden weiter. Erst danach sollte ich merken, dass garnichts funkionierte, aber dazu später.

Bisher war es stark bewölkt gewesen, aber als ich aus dem Laden trat, fing es an zu tröpfeln. Schnell durchquerte ich ein Wohn- und ein Industriegebiet in Kreuzlingen. Der Jakobsweg führte nun an einem hübschen Fachwerkhaus mit Mühle vorbei, aber ich eilte schnell weiter in den Wald. Dort ging es sanft aufwärts durch das Saubachtal. Der Bach war allerdings gerade dabei, sich in ein reissendes Gewässer zu verwandeln. Bald regnete so stark, dass ich meinen neuen Wanderschirm aufspannen musste.

Nach einer guten Stunde erreichte ich die Heiligkreuzkapelle in Bernrain, die im Jahr 1388 erbaut wurde und laut Pilgerführer ein viel besuchtes Gotteshaus ist. Dort war ich ganz alleine, was wohl mit dem schlechten Wetter zu tun hatte. Auch der schöne Ausblick zurück nach Konstanz und zum Bodensee, den es vom Kirchvorplatz geben sollte, war stark getrübt.

Weiter ging es durch den Wald bis zum Weiler Schwaderloh, der gänzlich verlassen schien. An einem kleinen Weiher fand ich danach eine überdachte Bank an einem Holzhaus, auf der ich mich kurz zu einer Trinkpause niederließ. Bei dem Weiher handelte sich um ein Fischgewässer, das nur Mitgliedern vorbehalten war. Kaum hatte ich mich hingesetzt, da kam auch schon ein Auto angebraust und ein Mann fing an, Kästen in die Hütte zu räumen. Wohl überzeugt, dass ich eine harmlose Pilgerin war, ignorierte er mich. Ich nutzte den Unterstand auch dazu, die Regenhülle über meinen Rucksack zu ziehen.

Ich durchquerte noch zwei weitere kleine Orte und versuchte einigermaßen trocken zu bleiben. Es regnete nicht sehr stark, hörte aber auch nicht auf. Die Regenjacke zog ich nicht an, um nicht zu schwitzen. Vielmehr hielt ich den Regenschirm genau über meinem Kopf bzw. verschob ihn jeweils in die Richtung aus der die Nässe kam. Nach einiger Zeit fand ich sogar eine Stelle vor meinem rechten Rucksacktragegurt, auf der ich den Schirm auflegen konnte. So hatte ich die Hände frei und konnte meine Schultern besser entspannen.

Nicht schön fand eine längere Passagen auf einer kleinen Straße mit großen Maisfeldern, die auch befahren wurde. Es kamen zwar nicht sehr viele Fahrzeuge, aber manchen musste ich ausweichen, um nicht nassgespritzt zu werden.

Mir ging es dann nur noch darum, bald nach Märstetten zu kommen. Zum Fotografieren der wunderschönen Fachwerkhäuser unter dem Regenschirm hatte ich überhaupt keine Lust. Aber für einen der hübschen Wegweiser auf dem Schwabenweg reichte es gerade noch.

Auf dem laut Pilgerführer „aussichtsreichen Weg“, der sich im Regen so nicht präsentierte, ging ich weiter und erreichte den Ortseingang von Märstetten, wo ich vom Jakobsweg abbiegen musste, um zu meiner Unterkunft zu kommen.

14 km, 4 Stunden, 170 Hm Aufstieg, 110 Hm Abstieg
Fazit: Eigentlich eine sehr abwechselungsreiche und leichte Etappe zum Einstieg in den Pilgerweg, wenn es nur nicht pausenlos geregnet hätte.

Im Zentrum des langgezogenen und menschenleeren Ortes, entdeckte ich schließlich drei Männer, die unter einem Hausdach Kaffee tranken und die ich nach dem Weg zu meinem B&B fragen konnte. Es lag etwas außerhalb des Ortes. Ich hatte inzwischen festgestellt, dass die Datennutzung, das Telefonieren und das Simsen mit meiner Schweizer SimCard nicht funktionierten. Also war ich darauf angewiesen, mich zu den Zielen neben dem Pilgerweg durchzufragen. Schnaufend erklomm ich den letzten Aufstieg und spazierte dann zu dem Bauernhof, wo ich übernachten würde. Dort wurde ich sehr nett empfangen. Es gab freie Getränke, u.a. selbst gekelterten Apfelsaft und sogar Kaffee. Im Hofladen kaufte ich eine Brotzeit für das Abendessen. Am Abend reichte es gerade noch für einen Gang über den Hof, um die Tiere anzuschauen.

Ziemlich geschafft sank ich in die Federn. Auf dem Bauernhof gab es WLAN und so konnte ich mich auf besseres Wetter am nächsten Tag freuen. Regen wurde nur noch gelegentlich angekündigt.

Über euer Feedback freue ich mich immer sehr.