Auf dem Französischen Jakobsweg #9

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Von Charavines nach Le Grands-Lemps am 3.8.2022

Das war definitiv nicht mein Tag auf der Via Gebennensis. Im Hotel wurde erst um 8:30 Uhr Frühstück serviert. Obwohl ich vorher alles gepackt hatte, konnte ich so erst um kurz nach 9 Uhr mit der Wanderung beginnen. Ich wollte an diesem Tag bis La Côte-St-André laufen, wo ich eine Unterkunft gebucht hatte. Die Strecke betrug 25 km. Langsam laufend und mit vielen Pausen konnte ich das wie bisher schaffen. Ich dachte allerdings, dass ich durch meine Übernachtung am Lac Paladru einige Kilometer eingespart hatte. Dass das nicht zutraf, sollte ich bald merken.

Am Vortag hatte ich den Camino in Le Pin verlassen, weil ich dort keine Unterkunft gefunden hatte. Die Dame in der Touristeninformation in Charavines hatte mir empfohlen, ein Stück auf der Straße nach Le Pin zurück zugehen und dann auf einen Wanderweg abzuzweigen, um auf den Camino zurückzukehren. Mir geht es grundsätzlich gegen den Strich, zurückzulaufen, um auf den Jakobsweg zu kommen, also suchte ich mir eine Alternative heraus. Ich folgte der Straße nach Oyeu, von der ich abbiegen wollte, um in Blaune wieder auf den Pilgerweg zu treffen. Die kleine Straße stellte sich als relativ stark befahren heraus. Es ging bergauf und das Laufen auf dem Asphalt, der meistens in der prallen Sonne lag, strengte mich sehr an. Es kam dazu, dass ich wegen meiner Rückenschmerzen schlecht geschlafen hatte und meine Achillessehne während der ersten beiden Kilometer bei jedem Schritt schmerzte.

Kurz bevor ich die Via Gebennensis wieder erreichte, bot mir ein älteres Ehepaar (etwa so alt wie ich, aber ein altes Ehepaar sagt man nicht, das hört sich nach einer sehr langen Ehe an), das gerade in seinem schattigen Hof kehrte, Wasser und Kaffee an. Ich muss wohl schon ziemlich erschöpft gewirkt haben. Bei angenehmerer Temperatur saß ich mit ihnen im Hof und plauderte. Er war ein ehemaliger Musikprofessor und sehr stolz auf seinen Hund, einen kleinen süßen Scotch Terrier. Ich bedankte mich für die nette Erfrischung und zog frisch gestärkt los.

Bei Cuétan unterquerte ich die Autobahn und dann begann ein recht steiler Anstieg. Schon zu Beginn musste ich mich auf eine Bank setzen. Nachdem ich viel getrunken und einen kleinen Snack gegessen hatte, brach ich wieder auf.

Laut Pilgerbuch sollte ich nun „auf dem holprigen Feldweg deutlich an Höhe gewinnen“. Tatsächlich handelte es sich nur um eine Steigung von ca. 100 m. Bei über 30° C ging ich sehr langsam in der prallen Sonne, aber plötzlich nach der Hälfte des Anstiegs konnte ich nicht mehr. Ich setzte mich auf den Weg und versuchte, mit Traubenzucker und Wasser wieder fit zu werden. Nun erkannte ich, dass ich es nicht nach La Côte-St-André schaffen würde. Die 25 Km waren einfach zu viel für mich bei dieser Hitze. Ich beschloss, nach der Hälfte der Strecke in Le Grand-Lemps einen Bus oder ein Taxi zu nehmen.

Bis zum Höhenweg an der Ferme de Futeau schleppte ich mich weiter hinauf. Das weite Panorama, das sich dort zeigte, konnte ich aber nicht genießen.

Danach ging es sogleich auf einem Feldweg mit losen großen Steinen bergab. Auf dem Zahnfleisch gehend erreichte ich Le Grands-Lemps.

Fazit:
13,5 km, 4 Stunden, Auf- und Abstieg ca. 150 m,

Mittellange, an für sich leichte Strecke, die im Hochsommer mangels Schatten nicht zu empfehlen ist, nicht sehr abwechslungsreich, aber schöner Panoramablick von der Ferme du Futeau, unterwegs keine Infrastruktur.

In Le Grand-Lemps waren in der Mittagszeit die Bürgersteige hochgeklappt. Mir war nur noch heiß. Auf dem Hauptplatz hatte eine Bar geöffnet. Dort fragte ich nach einer Busverbindung nach La Côte („in drei Stunden“) . Ein Taxi mochte man mir nicht rufen. Selber telefonieren wollte ich nicht so gerne, weil ich die Erfahrung gemacht hatte, dass Anrufe mit einer ausländischen Nummer nicht angenommen wurden. Der junge Kellner empfahl mir dann ein Accueil Jacquaire (AJ) bei einer Familie im Ort.

Die AJ sind Übernachtungen mit Halbpension bei ehrenamtlich tätigen Privatleuten, die Pilger mit Pilgerpass unterstützen. Diese Leistung ist prinzipiell kostenlos, aber eine Spende wird angenommen. Bisher hatte ich diese Unterkünfte nicht genutzt, weil ich gerne unabhängig bin und befürchtete, dass mir der Familienanschluss nicht angenehm wäre.

Ich ließ mich erst einmal mit einer eiskalten Cola auf dem Hauptplatz im Schatten nieder, wo Stühle der Bar standen. Dann rief ich bei der Familie an. Madame bot mir wunderbarerweise an, mich sofort aufzunehmen, als ich ihr erklärte, dass ich pilgerte und nicht mehr weiter laufen könne. Eigentlich soll man bei den AJ spätestens einen Tag vorher anrufen. Danach telefonierte ich mit dem Hotel in La Côte, schilderte mein Problem und konnte meine Übernachtung um einen Tag verschieben.

Die Familie wohnte am Ortsrand. Sogleich wurde ich in den Garten gebeten, wo ich ein großes Glas Wasser bekam und mich zu den Gästen setzen konnte, die gerade ein größeres Essen beendet hatten. Ich wurde nach dem Camino befragt und dann brachte mich Madame auf mein Zimmer. Dieser Raum und das Nachbarzimmer waren mit mehreren Etagenbetten eingerichtet. Erleichtert stellte ich fest, dass ich die gesamte Etage inklusive Bad und Toilette für mich hatte.

Nachdem ich mich etwas ausgeruht hatte, wurde es mir in dem Zimmer unter dem Dach doch zu warm, so dass ich zu einem Spaziergang in den Ort aufbrach. Meine Achillessehnenreizung machte sich wieder bemerkbar. Ich schlich langsam humpelnd zur Kirche. Dann ging ich wieder zu der Bar am zentralen Platz, wo ich ein köstliche Himbeertörtchen zum Kaffee verspeiste. Mit einem Sirop de Menthe sorgte ich für die notwendige Erfrischung.

Danach kaufte ich noch etwas Wanderproviant ein und schlenderte an der historischen Markthalle vorbei zurück zu meiner Unterkunft.

Bei der Familie angekommen fragte ich, ob ich im Garten sitzen durfte, was bejaht wurde, ich solle mich wie zu Hause fühlen. Das ältere Ehepaar (beide um die 70) war nun alleine. Sie empfingen seit über 20 Jahren Pilger. Ich bedankte mich noch einmal dafür, dass sie mich so kurzfristig aufgenommen hatten. Madame antwortete, dass man noch nie einen Pilger in Not im Stich gelassen hatte, und sprach mit mir über die AJ, nachdem ich erwähnt hatte, dass es mein erstes Mal in einer solchen Pilgerunterkunft war. Sie sagte auch, dass man durchaus etwas geben durfte, je nach Finanzsituation und wie es gefallen hatte. Das beruhigte mich, nun fühlte ich mich nicht mehr wie eine Almosenempfängerin.

Im Garten zu sitzen war angenehm kühl und sehr idyllisch. Meine Gastgeber stellten sich als reizende Leute heraus, sehr freundlich, höflich und nicht aufdringlich.

Zum Abendessen gab es einen köstlichen Salat mit Thunfisch, Avocado und selbst angebauten Tomaten, eine vegetarische Quiche mit Zucchini und Fleischgerichte, die vom Mittagessen übrig geblieben waren. Alles war sehr gut, aber die absolute Krönung stellte der Himbeerkuchen zum Dessert dar, den ich schon mittags auf dem Tisch beäugt hatte. Nach diesem tollen Essen entschuldigte sich Madame noch dafür, dass sie wegen des großen Mittagsessens mit Gästen nur Kleinigkeiten gekocht habe (!)

Ich hatte mich dazu durchgerungen, die Via Gebennensis in La Côte zu beenden und danach nach Lyon zu fahren, wo ich übernachten und dann nach Hause reisen wollte. Neben den beschriebenen gesundheitlichen Problemen und der nicht nachlassenden Hitze war es mir nicht gelungen, weitere Unterkünfte für die Fortsetzung des Weges zu buchen.

Madame wollte mich dazu überreden, noch einige Tage zu pilgern. Sie erwähnte eine Zugverbindung, die von Chavannay gut zu erreichen war und fragte mich, wo ich hinter La Côte als Nächstes übernachten würde. Vorsichtig geworden nannte ich einen Ort in 14 km Entfernung. Sofort telefonierte die reizende Dame des Hauses mit dem dortigen AJ und fragte, ob man mich aufnehmen könne. Ich merkte gleich, dass der Herr zögerte. Madame machte noch ein bisschen Werbung für mich (“ ist sehr nett, spricht gut Französisch“ etc.). Der Gastgeber wollte sich dann noch einmal melden, was er dann am späteren Abend tat, als er per SMS absagte, da er private Gäste habe. Damit stand meine Entscheidung fest.

Ich hatte befürchtet, dass mich ein Abend mit französischer Konversation sehr anstrengen würde, aber es hatte richtig Spaß gemacht, mich mit den außergewöhnlich netten Menschen zu unterhalten. Allerdings fühlte ich mich körperlich und geistig etwas ausgepowert, als ich zu Bett ging.

Über euer Feedback freue ich mich immer sehr.

Auf dem Französischen Jakobsweg #9 erschien zuerst auf Wanderlustig.

Auf dem Französischen Jakobsweg #6

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Von Yenne nach Saint-Genix-sur-Guiers am 31.07.2022

Als ich morgens um kurz nach acht Uhr aufbrach, stand mir eine sehr lange Tour bevor. Um mich zu schonen, wählte ich am Anfang die östliche Variante des Jakobswegs, was weniger spektakuläre Aussichten bedeutete, aber auch eine zwei Kilometer kürzere und weniger bergige Strecke. Nachdem ich die verordnete Tablette genommen hatte, war der Schmerz im Rücken schnell verschwunden, aber ich musste vorsichtig sein.

Die Route verlief auf kleinen Strässchen, Wegen und Pfaden. Bei der Hitze, die bereits um 9 Uhr wieder intensiv war, half es sehr, dass viele Strecken im Schatten verliefen.

Um 500 Höhenmeter Steigung zurückzulegen, musste man stetig aber nicht steil bergauf gehen . Ich passierte ein Schlösschen, ging durch mehrere Weiler und über einen Wiesenpfad mit Viehgattern (aber ohne Viecher). Im angenehm kühlen Schatten legte ich dann eine Trinkpause ein. In Charosse erwartete mich ein blumengeschmücktes Wegkreuz und bald folgte ein schöner Ausblick, der letzte zum markanten Bergrücken Dent du Chat/Katzenzahn.

Bis dahin war mir nur ein Mann begegnet, der mit seinem Hund Gassi ging, aber als ich die Nähe des Mont Tournier kam, traf ich einige Mountainbiker. Sie waren auf dem gleichen sehr wurzeligen Waldpfad wie ich unterwegs. Mit einer Radlerin unterhielt ich mich kurz. Sie kam aus Yenne und wollte auf den Gipfel radeln. Bald mündete der schöne Waldweg in eine kleine verkehrsarme Straße, die durch den Wald führte.

Ziemlich angetan war ich von den schwarzen Mustern auf dem Asphalt. Für mich sah das sehr nach abstrakter Kunst aus, aber es handelte sich wohl nur um Reparaturen der Straßendecke mit Teer.

Auf der Straße, die stetig bergauf führte, kam mir die Radlerin entgegen, mit der ich mich unterhalten hatte. Sie war auf dem Rückweg und schwärmte von der Aussicht auf dem Mont Tournier. Mir war klar, dass ich diesen Blick nicht genießen würde, es sei denn, ich ginge auf der anderen Variante des Camino ein Stück zurück. Auf diesen bergigen Umweg hatte ich aber nicht die geringste Lust.

Als ich den Col du Mont Tournier, die Passhöhe der Straße und höchste Stelle meiner Tageswanderung, erreicht hatte, war ich doch etwas enttäuscht. Ich befand mich im dichten Wald und konnte nach mehreren Stunden Wanderung nicht den Hauch einer Aussicht erkennen. Meine Mittagspause verschob ich auf den Wegweiser La Dronière, wo die beiden Strecken des Jakobswegs wieder aufeinander treffen. Aus unerfindlichen Gründen ging ich an der Abzweigung vorbei, die 0,5 km nach der Passhöhe folgen sollte. Das fiel mir nach gut zwei Kilometern auf. Zurück gehen wollte ich nicht, sah aber auf dem GPX-Track, dass ich den Camino im nächsten Dorf wieder finden konnte.

Nun brauchte ich dringend eine Mittagspause. Bald hatte ich ein schattiges Plätzchen mit einem wunderbaren Weitblick entdeckt, wo ich mit den Vorräten aus dem Rucksack vesperte. So richtig gemütlich war es dann doch nicht. Entweder hatte ich mich auf eine Ameisenstraße gesetzt oder die Tiere hatten geschwind eine solche gebildet. Trotzdem schmeckten mir die Melonenstücke mit Käse, Saucisson und Baguette sehr gut.

Nachdem ich in Le Bornet auf den Camino zurückgekehrt war, erreichte ich im Wald das Croix de Rives und setzte mich auf die Bank gegenüber. Hatte zwar erst vor einer halben Stunde eine Pause eingelegt, aber bei den wenigen Bänken, welche die Via Gebennensis bietet, muss man nehmen, was man angeboten bekommt. Sehr oft liegen die Rastplätze in der prallen Sonne, aber hier war wunderbar schattig und friedlich. Ich lauschte dem Blätterrascheln, freute mich über das Zwitschern der Vögel und brach nach kurzer Pause gut erholt auf.

Nach Saint-Maurice-de Rotherns führte eine asphaltierte, weitgehend schattenlose Strecke. Unterwegs kam ich an einem Haus mit bemerkenswerten Giebeln vorbei. Im Ort zweigte ich zur Kirche ab. Dort erwartete mich eine schöne Überraschung. Neben dem Gotteshaus liegt das Radio-Musée Galetti, welches dem Ingenieur und Wegbereiter der drahtlosen Übertragung gewidmet ist. Zum Museum gehört ein Bistro mit Terrasse. Scheinbar war nicht so viel los und die Damen vom Museum schienen richtig froh, jemanden zum Quatschen gefunden zu haben. Mir ging es genauso und so plauderten wir eine Weile, während ich auf der Terrasse saß und einen Kaffee sowie einen Sirop de Menthe (giftgrüner Pfefferminz Sirup, der mit Wasser aufgegossen wird) trank. Das war mein erster Pfefferminzsaft. Er schmeckt wie flüssiges After Eight, nur ohne Schokolade, aber sehr erfrischend.

Und dann hatte auch noch die Kirche geöffnet, die laut Pilgerführer meistens geschlossen sein sollte („Stimmt nicht!“ sagten meine Gesprächspartnerinnen). Wirklich eine wunderbare Pause!

Nun ging es hinunter nach Grésin mit tollen Landschaftspanoramen, aber auch bei starker Hitze und mit wenig Schatten. Nachdem ich die Kirche im Ort besucht hatte, zog sich der Camino ziemlich.

Glücklicherweise führte der Weg dann in den Wald, was viel angenehmer zum Gehen war. Am Wegweiser Pas de l’An wurde nach links aufwärts gewiesen. Nun sollte laut Führer ein letzter Anstieg zur Kapelle Nôtre-Dame de Pigneux gefolgt von einem Abstieg nach Saint-Genix zu bewältigen sein. Ich schaute auf Google Maps nach und entdeckte erfreut, dass das Château de Saint-Genix, in dem ich ein Zimmer gebucht hatte, direkt am Weg etwas oberhalb des Ortes lag, so dass ich mir die Abzweigung sparen konnte. So würde ich zwar die Kapelle verpassen, aber das war mir nach der stundenlangen Rucksackwanderung herzlich egal.

Bald erreichte ich das Château, wohl eher ein Schlösschen, in dem ich einen ruhigen und erholsame Nacht verbrachte.

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Fazit:
22 km, 770 m bergauf, 760 m bergab (mit Abzweigung zur Chapelle de Pigneux und hinunter nach Saint-Genix), 7 Stunden.

Längere, sehr abwechslungsreiche Etappe, durch schattige Wege ist der Aufstieg problemlos möglich, die Variante über den Mont Tournier bietet bessere Aussichten und sollte für fitte Wanderer ohne Weiteres machbar sein, während des Abstiegs weniger Schatten und mehr Asphalt aber bessere Weitblicke, Bistro im Musée Galletti (Öffnungszeiten?).

Im Schloss hatte ich die letzte von zu Hause vorgebuchte Unterkunft reserviert. Ein Zimmer zu finden, stellte sich als extrem schwierig heraus. Das hatte ich erwartet , weil ich in der Haupturlaubszeit unterwegs war und in den kleinen Orten an der Via Gebennenis nur wenige Unterkünfe vorhanden sind. Aber so kompliziert, hatte ich es mir doch nicht vorgestellt.

Noch in Yenne hatte ich per Mail versucht, für die nächsten Nächte zu buchen, und entweder keine oder abschlägige Antworten bekommen. Nachdem ich erneut Buchungsportale durchforstet hatte, hängte ich mich schließlich ans Telefon und fragte bei den im Führer der Association Rhône-Alpes des Amis de Saint-Jacques (ähnlich wie Miam Miam Dodo) angegebenen Adressen nach. Ich erklärte, dass ich auf dem Jakobsweg pilgerte und dringend eine Unterkunft für die nächste Nacht brauchte. Es war nichts frei und ein Herr erklärte mir sogar, dass er keine Unterkunft mehr anbiete. Das war wohl gelogen. Später entdeckte ich auf Booking, dass dort ein Zimmer an einem anderen Tag frei war. Unangenehm war auch, dass einige Gesprächsteilnehmer auflegten, sobald ich nach französischen (!) Worten suchen musste.

Sehr erleichtert war ich, als ich schließlich im Netz eine Unterkunft in Saint-Ondras buchen konnte. Es gelang mir dann noch, am folgenden Abend in einem Hotel am Lac de Paladru telefonisch zu reservieren. Das lag zwar etwas abseits des Wegs, aber auf den See freute ich mich nach dem Pilgern durch die ausgedörrte Landschaft.

Über euer Feedback freue ich mich immer sehr.

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Auf dem Französischen Jakobsweg #3

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Von Chaumont zur Gîte l’Edelweiss bei Seysell am 27.7.2022

Morgens konnte ich mir das Frühstück selbst zubereiten. Unsere Gastgeberin hatte das Essen abends in der Küche bereit gestellt und Kaffee kochte ich mir mit einer Art Nespresso Maschine. So war ich schon um kurz nach 7 Uhr „auf der Piste“.

Zu Beginn konnte ich noch einmal zurück auf den markanten Berg schauen, an dem ich am Vortag in den Wald hinunter gestiegen war. Danach hatte ich einen längeren steilen Anstieg nach Chaumont bewältigen müssen (Auf dem Französischen Jakobsweg #2) und nun ging es nach dem Motto „What goes up, must come down“ erst einmal eine Stunde lang hinab zum nächsten Ort Frangy. Auf dem geröllig schotterigen Weg musste ich gut aufpassen, aber richtig steil war es nicht.

Auf Frangy freute ich mich schon, weil es dort unterwegs, zum ersten Mal seit ich auf der Via Gebennensis pilgerte, Einkaufsmöglichkeiten und Gastronomie geben würde. Im Ort besuchte ich gleich die Kirche. Die Pfarrangestellte stempelte mir vor der Messe netterweise noch schnell meinen Pilgerpass. Neben dem Ausgang bewunderte ich ein beleuchtetes Glasfenster mit einer großen Jakobsmuschel.

Als ich aus der Kirche trat, zogen zwei Pilger mit großen Rucksäcken im Stechschritt vorbei. Sie gingen stur gerade aus, ohne die Kirche zu beachten und schauten sich nicht um, so dass ich sie nicht grüßen konnte. „Tja,“ dachte ich. „So schafft man 30 Kilometer und mehr am Tag.“ Dieser Eindruck täuschte allerdings, wie sich später herausstellen sollte.

Das nächste Café lag direkt gegenüber der Kirche. Dorthin begab ich mich sogleich. Vielleicht hätte ich noch weiter schauen sollen, denn es gab dort Getränke aber keinerlei Essen. Ich trank nur einen kleinen Kaffee. Auch Cappuccino wurde nicht angeboten. Im Supermarkt besorgte ich noch ein paar Kleinigkeiten zu essen, u.a. den bekannten Schmelzkäse mit der lachenden Kuh, der in abgepackten kleinen Würfeln angeboten wurde. Diese Käsesorte würde ich zu Hause nicht anrühren, sie ist aber beim Wandern in der Hitze sehr praktisch, lässt sich gut in ein Stück Baguette schieben und schon hat man ein belegtes Brot. Andere Käsesorten schmelzen bei hohen Temperaturen ohnehin und sehen dann nicht mehr appetitlich aus. Beim Durchqueren des Ortes auf der Hauptstraße kaufte ich mir außerdem einen Schokoladenéclair, den ich auf die Hand nahm und verspeiste.

Die Route führte durch eine Unterführung und danach gewann ich wieder an Höhe, wie es der Wanderführer freundlich beschreibt.

Auf einer kleinen, nicht befahrenen Straße ging es weiter bergauf und dann zweigte der Weg ab. Ich folgte aber einem Tipp des Pilgerbuchs und folgte dem Sträßchen weiter, das direkter nach Tagny führte, wo es wieder auf den Camino traf. Allerdings war es auf dem Asphalt schon wieder brütend heiß, so dass ich froh war, als hinter dem Ort eine kurze Passage durch den Wald folgte.

Nach Desingny führte die Via Gebennensis oft über geteerte Straßen, aber zum Schluss über einen schönen Wiesenpfad. Im Ort wollte ich eigentlich Pause machen, aber dort stank es bestialisch, nicht nur nach Jauche, sondern auch stark chemisch. Daher besuchte ich nur die Kirche, die im 12. Jahrhundert erbaut wurde, und zog dann schnell weiter.

Am Rastplatz mit Bänken und Tisch am Ortsausgang von Desingny war ich vorbeigegangen, aber dann kam auf dem folgenden Sträßchen nichts mehr. Der Camino führte an Gehöften entlang, wo ich keinen Menschen traf, aber oft heftig bellende Hunde, die sich glücklicherweise hinter Zäunen befanden oder angeleint waren.

An der Fahrbahn lagen steile Böschungen, auf denen man nicht sitzen konnte. Gegen 12 Uhr reichte es mir. Ich setze mich auf eine Ausbuchtung auf den Boden neben der Straße. Die Erde war trocken und sehr staubig, aber ich hatte inzwischen großen Hunger.

Nach der Pause stieg der Weg, der lange ohne Schatten blieb, noch einmal an, führte wieder hinunter und dann ging es erneut leicht bergauf. Kennzeichnend für meine zunehmende Erschöpfung war, dass ich zwei Stunden lang nur ein Photo aufnahm.

Sehr froh war ich, als es endlich in den Wald ging. Aber auch dort führte der Weg noch einmal leicht bergauf, bis schließlich die Abzweigung zur Gîte L’Edelweiss kam. Kurz danach sah ich in der Tiefe zum ersten Mal die Rhône. Nach einem Abstieg ging es nach links zur Herberge und nach Seysell weiter bergab.

Panoramafoto zum Anklicken.

Fazit:
ca. 16 Km, 420 m Aufstieg und 560 m Abstieg (bis Seysell), knapp 6 Stunden.

Mittellange Strecke, immer wieder schöne Ausblicke, Infrastruktur nur in Frangy, lange asphaltierte Strecken, fand ich mühselig bei Hitze, auch weil der Weg im Wechsel kleinere Steigungen und Gefälle aufwies.

Meine Unterkunft erreichte ich um 13:30 Uhr. Es war alles geschlossen. An der Tür hing ein Zettel, dass der Check-In erst ab 16 Uhr möglich war, aber auch eine Telefonnummer, die man anrufen konnte. Ich erreichte die Herbergsmutter, die in Seysell beim Einkaufen war, und noch nicht wusste, wann sie vorbei kommen konnte, um mir aufzuschließen. Das erinnerte mich an meine lange zurückliegenden Aufenthalte in Jugendherbergen, auch wenn das Einchecken dort strikt zu den angegebenen Zeiten erfolgte.

Im Garten sah ich zu meinem großen Erstaunen die beiden Pilger aus Frangy. Sie lagen im Schatten auf der Wiese und ruhten sich aus. Es handelte sich um Franzosen, einen Vater, der mit seinem Sohn im Teenageralter wanderte. Sie hatten in Frangy übernachtet und sich so Teile des Auf- und Abstiegs nach und von Chaumont gespart. Heute hatten sie eine relativ lange Strecke zurück gelegt, aber am nächsten Tag war nur eine Etappe von 11 km geplant. Der Vater sagte, dass sie wegen der hohen Temperaturen möglichst früh und nur morgens wanderten und sich am Nachmittag ausruhten. Ich erinnere mich gut, dass ich dachte „Und die sahen so sportlich aus!“ Im Nachhinein, nachdem mir die Pilgerei nicht so gut bekommen ist (Bericht folgt), denke ich, dass der Plan der Franzosen vernünftig war.

Nach 40 Minuten erschien die Dame des Hause und schloss uns auf. Gîtes d’Etape sind französische Wanderherbergen mit Schlafsaalunterkünften. Aus persönlichen Gründen übernachte ich während meiner Pilgerwanderungen normalerweise in Privatunterkünften (Chambre d’Hôtes, wie B&B) oder in Hotels. Für die Gîte de L’Edelweiss, die sogar ein Einzelzimmer mit Bad anbot, hatte ich mich entschieden, weil ich hoffte, dort endlich einmal auf mehrere Pilger zu treffen, mit denen ich mich austauschen konnte. Leider übernachteten dort außer mir nur die beiden französischen Pilger, die unter sich bleiben wollten. Die sechs anderen Gäste, sämtlich motorisiert, waren auf der Durchreise.

Die Herberge lag schön im Grünen auf einem Hügel etwas mehr als 200 Höhenmeter oberhalb von Seysell. Am Nachmittag konnte ich mich nicht einfach entspannen, sondern musste unbedingt den Ort an der Rhône besuchen. Die Herbergsmutter meinte, nach unten ginge ich 15 Minuten und hinauf doppelt so lange. Einen direkten Pfad in die Stadt fand ich nicht, so dass ich für den Abstieg eine Dreiviertelstunde auf einer brütend heißen Straße brauchte. In Seysell herrschte wie in allen französischen Städten noch Mittagsruhe und am Mittwochnachmittag waren ohnehin einige Läden geschlossen. Die türkisfarbene Rhône, die träge dahin floss, gefiel mir sehr gut, aber sonst war nicht allzuviel los in dem Städtchen. Ich besuchte die Kirche und spazierte über die Brücke auf die andere Flussseite.

In einem Bäckereicafé traf ich noch einmal das Pilgerpaar aus Chaumont. Sie wohnten in einem Hotel am Flussufer, worum ich sie in diesem Moment sehr beneidete. Bevor ich mich an den Aufstieg machte, stärkte ich mich mit einem äußerst leckeren Brandteigkuchen mit Sahne und frischen Himbeeren sowie (endlich !) einem Cappuccino.

Wieder fand ich keinen kürzeren Weg zur Herberge, so dass ich bald wieder auf der Straße landete, die sich in weiten Serpentinen den Hang hinaufzog. Es war fast unerträglich heiß, so dass ich häufig stehenblieb und meine Wasserflasche ansetzte. Für den Rückweg benötigte ich laut Fitnessuhr eine Stunde und 19 Minuten !

Mit meiner Unterkunft versöhnte mich das traumhaft gute Abendessen zusammen mit den anderen Gästen. Es gab mehrere Gänge, Salate, Fleischgerichte und eine regionale Spezialität, kleine Ravioli mit Käse überbacken. Danach eine Käseplatte mit fünf Sorten aus der Region von mild bis sehr würzig und zum Dessert ein sensationelles selbst gemachtes Aprikosensorbet. Und das Ganze kostete nur 10 € (ohne Getränke)!

Hoch zufrieden ging ich in mein Zimmer. Am nächsten Tag hatte ich wieder ein längere Etappe geplant. Ich würde früh aufbrechen und hoffte, dass ich so der Hitze eine Zeitlang entgehen konnte.

Über euer Feedback freue ich mich immer sehr.

Auf dem Französischen Jakobsweg #3 erschien zuerst auf Wanderlustig.